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Das Konzentrationslager in Guantanamo:
Die falsche Behandlung am falschen Ort
18.01.2004


Professor Marjorie Cohn - Thomas Jefferson School of Law

http://jurist.law.pitt.edu/forum/forumnew135.php







Jeder, der schon einmal nach Kuba gereist ist oder den Mariachis in den unzähligen lateinamerikansichen Restaurants zugehört hat kennt den wundervollen Song Guantanamera - das kleine Mädchen aus Guantanamo. Basierend auf einem Gedicht von José Marti, dem Vater der kubanischen Unabhängigkeit, wird der Song von "einem ehrlichen Mann von dort, wo die Palmen wachsen" erzählt, der über die Schönheit Kubas spricht. In krassem Gegensatz dazu ist Guantanamo Bay nach dem 9.11. Ort eines wahrhaftigen "Konzentrationslagers", mit den Worten der kubanischen Regierung, der National Lawyers Guild (Nationalen Anwaltsinnung) und der American Association of Jurists (Amerikanische Juristenvereinigung).

Über 600 Gefangene sind dort seit fast zwei Jahren eingekerkert. Sie werden in kleinen Käfigen gehalten, ohne sie unter Anklage zu stellen, ohne ihnen Zugang zu Gerichten zu gewähren, um ihre Gefangenschaft anzufechten.

Die Regierung der Vereinigten Staaten besetzt den Teil des kubanischen Gebietes unrechtmäßig. Er wird im Rahmen einer Verpachtung genutzt, die zwischen den USA und Kuba vereinbart worden ist, die den Vereinigten Staaten das Recht einräumt, Guantanamo Bay "ausschließlich als Tankhafen oder Marinestützpunkt und für keinen anderen Zweck zu nutzen." Nirgends hat Kuba den Vereinigten Staaten das Recht eingeräumt, das Land als Gefängnis oder Konzentrationslager zu nutzen.

Präsident Fidel Castro, der die Basis in Guantanamo "einen Dolch im Herzen des kubanischen Bodens" bezeichnet, lehnt es ab, die Mietschecks, die die US-Regierung jährlich schickt, einzulösen. Er sagt: "Ein grundlegendes Gefühl der Würde und der absoluten Ablehnung dessen, was in jenem Teil unseres Nationalgebiets passiert hat Kuba daran gehindert, diese Schecks einzulösen." Die Vereinigten Staaten haben Präsident Castro zufolge die Basis Guantanamo in ein "grauenvolles Gefängnis, eines, das keinen Unterschied zu den Nazi-Konzentrationslagern aufweist" verwandelt. Im Dezember hat Kubas Nationalversammlung das Guantanamo "Konzentrationslager" mit den Worten "In dem von der Guantanamo Marinebasis illegal besetzten Gebiet werden hunderte ausländischer Gefangener unbeschreiblichen Mißhandlungen ausgesetzt" angeprangert.

Tatsächlich wird fast die Hälfte der Gefangenen jede Woche in bis zu 16 Stunden langen Sitzungen verhört. Ein im Mai entlassener Gefangener sagte Amnesty International, daß die Verhöre "wie Folter waren". Der australische Anwalt Richard Bourke versicherte auf ABC-Radio, daß Gefangene "guter, altmodischer Folter, wie Leute das im Mittelalter verstanden hätten" ausgesetzt gewesen sind. Er berichtete: "Einer der Inhaftierten beschrieb, wie er rausgebracht, an einen Pfahl gebunden und mit Gummigeschossen beschossen wurde. Man hat sie gezwungen in der Sonne in einer kreuzförmigen Haltung zu knien bis sie zusammenbrachen."

Kurz nach dem 11. September hatte sich die kubanische Regierung der Unterbringung von US-Gefangenen in Guantanamo nicht entgegengestellt: "Obwohl die Verlegung ausländischer Kriegsgefangener durch die Regierung der Vereinigten Staaten zu einer ihrer Militäreinrichtungen - gelegen in einem Teil unseres Landes, in dem wir keine Gerichtsbarkeit besitzen, da wir ihrer beraubt worden sind - sich nicht an die Bestimmungen hält, die ihre Gründung regelten, werden wir der Entwicklung der Operation keine Hindernisse in den Weg legen."

Kuba, das sich einer der fortgeschrittensten medizinischen Systeme der Welt rühmt, bot an, ärztliche Versorgung und sanitäre Einrichtungen für die Gefangenen zur Verfügung zu stellen. Die kubanische Regierung drückte in einer Erklärung im Januar 2002 ihre Zufriedenheit über "die öffentlichen Erklärungen durch die US-Behörden, denen zufolge die Gefangenen eine angemessene und menschliche Behandlung erhalten werden, die durch das Internationale Rote Kreuz überwacht werden kann" aus.

Aber das Rote Kreuz, das kürzlich einen zweimonatigen Besuch im Lager Guantanamo beendet hat, "beobachtete eine beunruhigende Verschlechterung des geistigen Gesundheit einer großen Zahl von ihnen." Das Rote Kreuz berichtete, daß "die US-Behörden die Inhaftierten in Guantanamo jenseits des Gesetzes gebracht haben. Das bedeutet, daß die Inhaftierten, nach mehr als 18 Monaten der Gefangenschaft, immer noch keine Ahnung über ihr Schicksal haben und keine Möglichkeit, durch irgendein rechtliches Verfahren dagegen anzugehen." Tatsächlich berichtete die New York Times von 32 Selbstmorden in 18 Monaten und daß etliche Gefangene wegen schwerer Depressionen als direkte Folge ihrer ungeklärten Lage behandelt worden sind.

Die Bush-Regierung hat diesen Gefangenen den Zugang zu US-Gerichten, um ihre Gefangenschaft anzufechten, untersagt indem sie unaufrichtig behauptete, die USA wären nicht Souverän von Guantanamo Bay. Der Ninth Circuit U.S. Court of Appeals (Berufungsgericht), der letzten Monat entschied, daß US-Gerichte die Zuständigkeit besitzen, um Beschwerden von Gefangenen zu hören, sagte, daß durch die Nutzung von Guantanamo als ein Gefangenenlager "unsere Regierung bewußt in einer Art und Weise gehandelt hat, die in direktem Widerspruch zu den Vereinbarungen der Pacht und des bestehenden Vertrages steht, [der]... die Nutzung des Gebietes durch die USA auf eine Marinebasis und einen Tankhafen beschränkt."

Trotzdem war das Berufungsgericht möglicherweise am meisten durch die Erklärung der Regierung in der mündlichen Verhandlung alarmiert, daß die Gefangenen keinerlei Rechtsansprüche hätten, selbst wenn sie behaupten würden, daß sie durch die Regierung der Folter oder Massenhinrichtungen ausgesetzt würden. Der Ninth Circuit sagte: "Unserem Wissen nach hat die US-Regierung vor der derzeitigen Inhaftierung von Gefangenen in Guantanamo niemals zuvor eine derart schwerwiegende und erstaunliche Behauptung aufgestellt." Das Gericht sagte, daß dies "eine so extreme Position ist, daß es die ernstesten Bedenken sowohl unter amerikanischem als auch unter internationalem Recht aufwirft." Der Supreme Court (Oberste Gerichtshof) wird nun entscheiden, ob US-Gerichte die Gerichtsbarkeit über diese Gefangenen besitzen.

Ein Editorial in der New York Times beschrieb die Situation in Guantanamo als einen "Skandal" und schrieb: "Wo immer sie sind, ihre Behandlung sollte eine Demonstration von Amerikas Rechtsverbundenheit sein, nicht der Fleck auf seiner Ehre, zu dem Guantanamo geworden ist." Die Regierung der Vereinigten Staaten muß sein Konzentrationslager umgehend schließen und die Gefangenen freilassen oder entsprechend internationalen Normen vor Gericht stellen. Sie sollte Guantanamo Bay an seinen rechtmäßigen Besitzer, die Republik Kuba, zurückgeben.


Marjorie Cohn, Professorin an der Thomas Jefferson School of Law in San Diego ist Vizepräsidentin der National Lawyers Guild. Sie wurde vor Kurzem zur US-Repräsentantin des Vorstands der American Association of Jurists gewählt.





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