Seit mehreren Tagen berichtet die "Bild" ebenso ausgiebig wie offensichtlich genüßlich über die Vergangenheit der Hauptdarstellerin des am Samstag bei der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichneten Films "Gegen die Wand" von Regisseur Fatih Akin. Was sich seit Montag in dem Medium - "Zeitung" wird von vielen Menschen als eine zu unpassende Bezeichnung angesehen - "Bild" abspielt, hat mit Berichterstattung nur noch wenig gemein. Wie die "Bild" "enthüllt" hat, hat die 23-jährige Sibel Kekilli in mehreren Pornofilmen mitgespielt. In mehreren Artikeln, sowohl auf der 1. Seite als auch auf Seiten im Innern aber auch in mehreren - für "Bild"-Verhältnisse bemerkenswert langen Artikeln im Internet, ist die "Bild" seitdem bis ins Detail auf diese Vergangenheit Kekillis eingegangen, dabei wurde auch nicht auf Bilder aus den Filmen verzichtet, die allerdings mittlerweile online nicht mehr verfügbar sind - nicht zuletzt sicherlich, weil mittlerweile rechtliche Schritte angekündigt wurden. Die "Bild" bezeichnet Kekilli nur noch als "Pornostar" und "sündige Film-Diva", vergißt dabei aber in ihrer moralischen Entrüstung anscheinend, daß sie nicht nur selbst seit Jahrzehnten mehr oder weniger nackte Frauen als "Kaufanreiz" auf der ersten Seite abdruckt und auch sonst nicht gerade wegen schamhafter Berichterstattung bekannt ist, sondern das Motto "Sex sells" immer wieder verfolgt zu haben. So ließ auch die bundesweite Werbeaktion im Jahr 2002 für die Serie "Neue Geschichten aus dem Bettkästchen", bei der doppel- bis eindeutige Zitate leicht bis kaum bekleideten Frauen in den Mund gelegt wurden, kaum vermuten, daß die "Bild" grundsätzlich etwas gegen einen liberalen Umgang mit dem Thema "Sex" einzuwenden hat - zumindest so lange, wie es die Auflage erhöht. ![]() ![]() ![]() Im Gegenteil dürfte die Ausrichtung der "Bild" hin zu solchen Themen einer der Gründe dafür sein, daß sie wohl niemals von "Emma"-Herausgeberin Alice Schwarzer akzeptiert werden wird und sich die "Emma" offensichtlich diebisch über den Verriß der Werbung freute. Angesichts der Tatsache, daß zumindest im Gästebuch der Produktionsfirma der Pornofilme bereits Mitte Januar bekannt war, daß Sibel Kekilli in mehreren der Produktion zu sehen ist und auch ihr Wechsel ins "seriöse Schauspielbusiness" bekannt war, stellt sich die Frage, ob der Artikel ganz bewußt erst am Montag nach der Preisverleihung veröffentlicht wurde. Zwar wußten nach eigenen Aussagen sowohl der Regisseur Akin als auch Ralph Schwingel und Stefan Schubert von der Produktionsfirma um Kekillis frühere Auftritte und auch der Berlinale-Chef Dieter Kosslick steht einem Bericht des Spiegels zufolge "hinter ihr wie eine Eins" - das Thema scheint auch an ihm nicht völlig spurlos vorbeigegangen zu sein - förderlich für ihre zukünftige Karriere wird die Artikelreihe der Bild allerdings sicherlich nicht sein. Dabei ist der "Bild" die erste Meldung gar nicht so sehr vorzuwerfen, paßte sie doch einfach zu sehr ins Bild der "Bild", als eine solche Information ungenutzt zu lassen. Was hier wirklich zu kritisieren ist, ist in jedem Fall das "Nachtreten", die Art und das Timing des Artikels, hierbei wird "für die Auflage" keinerlei Rücksicht auf den Menschen Sibel Kekilli, die ihr nahestehenden Personen oder ihre Kollegen genommen. Impressum und Datenschutz contact: EMail |