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Die afghanische Perspektive
11.10.2004








Die Wahl in Afghanistan ist beendet - "erfolgreich" scheint hier angesichts der massiven Unregelmäßigkeiten kaum ein treffendes Wort zu sein.

Trotz eines Budgets von 200 Millionen US-Dollar ist es offenbar nicht gelungen, den Wahlgang der knapp 10 Millionen Wahlberechtigten so zu gestalten, daß er demokratischen Ansprüchen wirklich genügen würde. Insbesondere die Tatsache, daß die Farbe, mit der Wähler, die ihre Stimme abgegeben hatten, markiert werden sollten, in vielen Fällen problemlos abzuwischen war - es also möglich war, mehrfach zu wählen - hatte dazu geführt, daß 15 der insgesamt 18 Kandidaten die Wahl als ungültig bezeichneten und eine Wiederholung forderten.

Diese Forderung wurde von der Mehrheit der Kandidaten zwar mittlerweile wieder zurückgezogen, sie werden nun nach eigener Aussage das Ergebnis einer unabhängigen Untersuchung akzeptieren, die Reaktion zeigt aber doch die Schwere der Unregelmäßigkeiten.

Allein schon die Wahlbeteiligung sollte zumindest Mißtrauen wecken. Ursprünglich war davon ausgegangen worden, daß es in Afghanistan etwa 9,8 Millionen Wahlberechtigte geben würde. Tatsächlich haben sich über 10 Millionen Menschen für die Wahl registriert. Der Unterschied dieser beiden Zahlen mag dabei noch vernachlässigbar sein, da die Zahl von 9,8 Millionen möglicherweise nicht völlig korrekt war. In jedem Fall würde die Registrierung von über 10 Millionen Wahlberechtigten aber bedeuten, daß 100 Prozent aller Wahlberechtigten sich auch für die Wahl registriert haben - und das angesichts der Tatsache, daß die Taliban gedroht hatten, Anschläge während der Wahlen zu verüben und die Bevölkerung unmißverständlich davor gewarnt hatten, an der Wahl teilzunehmen.

Gerade auch die - wenn eben auch vielfach nicht erfolgreiche - Maßnahme, einen Finger von Wählern farblich zu markieren, ist angesichts dieser Drohungen zumindest erstaunlich, erleichtert es Racheaktionen gegen Wähler doch erheblich, wenn diese für Tage oder gar Wochen ganz offensichtlich farblich markiert sind.

All dies ist für die OSZE, die "Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa", die zu den Wahlbeobachtern in Afghanistan zählt, aber kein Anlaß, die Wahl grundlegend in Zweifel zu ziehen. So sagte der OSZE-Botschafter Robert Barry am Sonntag, die Forderung der Kandidaten, die Wahl für nichtig zu erklären, sei "ungerechtfertigt und würde den Menschen Afghanistans keinen Dienst erweisen".

Genau diese OSZE ist es aber auch, die auf Einladung des US-Außenministeriums die Präsidentschaftswahlen im November in den USA beobachten wird.

Die Tatsache, daß die OSZE die Vorgänge bei der Wahl in Afghanistan als "einige Unregelmäßigkeiten, die untersucht werden sollten" bezeichnet, kann sicherlich als Ausblick auf die Ergebnisse der Beobachtung der kommenden US-Wahlen angesehen werden. Es ist kaum anzunehmen, daß die Organisation angesichts der "Unregelmäßigkeiten" bei der letzten Präsidentschaftswahl in den USA, die letztlich zum Amtsantritt von George W. Bush geführt hat, deutlichere Worte gefunden hätte.





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