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Rosinenpickerei
16.04.2005








Am Mittwoch veröffentlichte die "International Labor Communications Association" (ILCA, "Internationale Kommunikationsvereinigung der Arbeiterschaft") ein Interview mit dem Präsidenten einer irakischen Gewerkschaft, das ein weiteres Mal belegt, daß es bei dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg und der anschließenden Besetzung des Iraks keineswegs um die Verbreitung demokratischer Grundsätze ging und geht.

Hassan Juma'a Awad ist der Präsident der am 9. April 2003, schon kurz nach der Besetzung durch britische Truppen, in der südirakischen Stadt Basra gegründeten "Southern Oil Company"-Gewerkschaft. Nach eigener Aussage arbeitet er seit 33 Jahren für die "Southern Oil Company" und war seit Jahren im Untergrund gegen die Regierung Saddam Husseins tätig. Auch habe er an dem schließlich von Hussein niedergeschlagenen Aufstand im Jahr 1991 teilgenommen.

In dem Interview berichtet Awad, daß die Besatzer anfänglich ein von Saddam Hussein im Jahr 1987 erlassenes Gesetz benutzten, um auch seine Gewerkschaft zu ignorieren. Das im Jahr 1987 erlassene Gesetz verbot die Gründung von Gewerkschaften für den öffentlichen Dienst, zu dem im Irak - bisher - auch die Ölindustrie des Landes gehört. "Sie taten ihr Bestes, um uns aufzuhalten", sagte er.

"Wir hatten Probleme, weil sie darauf bestanden, daß wir dem Gesetz zufolge keine Legitimation hatten - kein Recht, die Arbeiter im Ölsektor zu vertreten. So weit es uns anging, brauchten wir sie nicht, um uns Legitimation zu geben, da wir von den Arbeitern gewählt worden waren. Das ist die einzige Legitimation, die wir brauchen", sagte er.

Erst durch einen Streik gelang es, die US-Verwaltung zum Einlenken zu bewegen. Dabei ging es um die durch die Besatzer in einem Erlaß festgelegten Löhne für Arbeiter in der Ölindustrie.

"Gemäß dieses Erlasses wäre der Lohn für einen Arbeiter monatlich 69.000 irakische Dinar, umgerechnet etwa 35 US-Dollar. Dieser Lohn war äußerst niedrig, während die Inflation und die Lebenshaltungskosten sehr hoch sind", so Awad. Zum Vergleich gab er an, daß ein huhn auf dem Markt etwa 1.500 irakische Dinar - etwa einen US-Dollar - kostet. "Nach einem kurzen Streik schafften wir es, das Mindestgehalt auf 150.000 irakische Dinar oder etwa 100 US-Dollar anzuheben."

Offenbar ist es gängige Praxis, Gewerkschaften im Irak zu ignorieren. So berichtete er von einem weiteren Fall aus der Hafenstadt Um Qasr.

"Die Hafenarbeiter in Um Qasr haben viele Probleme. Die Verwaltung des Hafens ist nicht irakisch - sie wurde an Stevedoring Services of America übertragen. Im vergangenen Monat gab es noch ein weiteres Problem zwischen der Verwaltung und den Arbeitern, die nicht fair behandelt wurden. Sie haben eine Gewerkschaft namens 'Gewerkschaft der Hafenindustrie', geleitet von Nadam Radhi. Die dortigen irakischen Geschäftsführer und insbesondere das US-Unternehmen lehnen es ab, sie anzuerkennen. Wenn die Unternehmensleitung den Arbeitern einen angemessenen Lohn zahlen würde, würde es kein Problem geben", sagte er.

Eine noch weitaus größere Herausforderung sieht Awad in der Verhinderung der von den USA geplanten Privatisierung bisher staatlicher Unternehmen, insbesondere auch der Ölindustrie.

"Der kommende Kampf gegen die Privatisierung ist wichtiger als der Kampf gegen die Besatzung, da die USA alle Bereiche der irakischen Wirtschaft privatisieren wollen", sagte er. "Wir stehen der Privatisierung sehr ablehnend gegenüber, insbesondere in der Ölindustrie. Es ist unsere Industrie. Wir wollen keine neue Kolonisation unter dem Deckmantel der Privatisierung, wobei internationale Unternehmen die Kontrolle über das Öl übernehmen."

Dies ist offenbar auch einer der Grundgedanken bei der Gründung der Gewerkschaft gewesen.

"Es war unsere Pflicht als irakische Arbeiter, die Öleinrichtungen zu schützen, da sie das Eigentum des irakischen Volkes sind und wir sind sicher, daß die USA und die internationalen Unternehmen hierher kamen, um ihre Hände auf die Ölreserven des Landes zu legen", so Awad.

Auch läßt er keinen Zweifel daran, daß die Iraker ein unverzügliches Ende der Besatzung fordern.

"Bei all den Treffen, die wir mit Arbeitern der Industrie hatten, haben wir von fast jedem gehört, daß sie ein unverzügliches Ende der Besatzung wollen und den unverzüglichen Abzug aller Besatzungsstreitkräfte aus dem Irak", sagte er.

Auf die Frage, ob er um seine Sicherheit bei einem unverzüglichen Abzug besorgt sei, antwortete er: "Nein, wir sind nicht besorgt. Wir haben kein Problem damit, da wir in der Lage sind, uns selbst um uns und unsere Sicherheit zu kümmern." Auf nochmalige Nachfrage, ob ein Abzug nicht dazu führen könnte, daß Gewerkschafter Ziel von Angriffen würden, blieb er bei seinem Standpunkt.

"Das könnte passieren, aber wir müssen unsere Probleme selbst lösen", sagte er.





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