Am Sonntag berichteten die Medien ausführlich über eine angebliche Geiselnahme von etwa 80, möglicherweise aber auch von "bis zu 100" Irakern in der südlich Baghdads gelegenen Stadt al-Mada'in am Samstag. Die vorgeblichen Geiselnehmer hätten demnach gefordert, daß alle Menschen der shiitischen Glaubensrichtung - der auch die Geiseln angehören sollen - die Stadt verlassen. AP berichtete unter Berufung auf Haidar Khayoun, einen Beamten des "irakischen Verteidigungsministeriums", daß bei einem Angriff "irakischer Sicherheitskräfte" auf die Stadt etwa 15 Familien befreit worden seien. Ein namentlich nicht genannter Beamter des "irakischen Verteidigungsministeriums" wurde in einer AFP-Meldung mit den Worten zitiert, daß bei einem gemeinsamen Angriff von "irakischen Polizisten" und "Koalitionsstreitkräften" gegen 09:00 Uhr Ortszeit diese auf "starken Widerstand der Terroristen" gestoßen seien. Einer Al-Jazeera-Meldung zufolge widersprach der "irakische nationale Sicherheitsberater" Qassem al-Daoud allerdings dieser Behauptung im "irakischen Parlament". "Drei Positionen, von denen vermutet wurde, daß dort Geiseln festgehalten wurden, wurden gestürmt, aber unglücklicherweise haben wir keine Spur der Gefangenen gefunden", so al-Daoud. Ein Bericht von Islam-Online erhärtet die Zweifel an dem "Geiseldrama" noch weiter. So bestritt Abd al-Hadi al-Darraji, ein Sprecher des shiitischen Geistlichen Muqtada al-Sadr, am Samstag, daß in al-Mada'in Shiiten von Sunniten festgehalten würden. "Auf der Grundlage von Gesprächen mit unseren Brüdern dort in al-Mada'in bestreiten wir vollständig jene Berichte der Nachrichtenmedien, insbesondere jene von Reuters", sagte er telephonisch gegenüber Al-Jazeera. Vielmehr handele es sich nur um Streitigkeiten zwischen einigen Familien des Ortes. Diese würden von einigen Seiten benutzt, um zu versuchen, Shiiten und Sunniten gegeneinander aufzubringen und deutete an, daß möglicherweise die Besatzer hierfür verantwortlich seien. Auch die sunnitische "Vereinigung Muslimischer Gelehrter" bestritt in einer Erklärung gegenüber Al-Jazeera, daß Sunniten Shiiten als Geiseln genommen hätten. Auch befragte Anwohner des Ortes zeigten sich überzeugt, daß die ganze Angelegenheit "erfunden" sei. "Ich fürchte, wir werden den Preis für Medienberichte, die nicht wahr sind, zahlen. Soldaten schneiden den Zugang zu al-Mada'in ab. Wenn sie angreifen werden wir uns verteidigen", sagte ein Anwohner, der seinen Namen nicht nennen wollte, gegenüber Reuters. "Es gibt keine sunnitischen Milizen, die shiitische Zivilisten als Geiseln halten", sagte Emad Dawoud, ein weiterer Anwohner, am gegenüber Al-Jazeera. "Wir bereiten uns darauf vor, unsere Stadt zu verteidigen." Tatsächlich sagte al-Daoud vor dem "Parlament" AFP zufolge: "Bis zum Ende dieser Woche werden wir eine Militäroffensive durchführen, beginnend in Jurf al-Nadaf über al-Wida bis al-Mada'in." Es soll also keineswegs nur gegen al-Mada'in vorgegangen werden, um dort Geiseln zu befreien. Impressum und Datenschutz contact: EMail |