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Rekrutierungsterror

Anwerber des US-Militärs immer verzweifelter

16.06.2005  






Ein Artikel des Seattle Post-Intelligencer vom Mittwoch vergangener Woche belegt einmal mehr, wie groß der Druck auf die Anwerber des US-Militärs mittlerweile sein muß, "Erfolge" vorweisen zu können.

Angesichts immer weiter zurückgehender Rekrutenzahlen werden einer AP-Meldung vom Mittwoch zufolge mittlerweile sogar jene Stimmen immer lauter, die die Aufhebung des Verbots für Schwule und Lesben im US-Militär fordern. Allerdings ist kaum anzunehmen, daß ausgerechnet diese Bevölkerungsgruppe einen größeren Drang verspürt, sich freiwillig zu melden, um im Irak oder einem anderen Kriegsschauplatz ihr Leben zu riskieren, um die mehr oder minder fragwürdigen Ziele ihrer Regierung zu erreichen.

Bis es so weit ist, sind die Anwerber aber offenbar bereit, potentielle Rekruten mit äußerst harten Bandagen von ihrem "Glück" zu überzeugen. wobei deren Meinung bestenfalls zweitrangig zu sein scheint.

Axel Cobb begann vor einem Jahr, Bekanntschaft mit diesen überaus aggressiven Anwerbeversuchen zu machen. Damals, praktisch direkt nach seinem 17. Geburtstag, begannen die Anwerber der US-Marines, ihn "eindringlich" auf seine zukünftige Laufbahn bei den US-Marines hinzuweisen.

Es begann mit Telephonanrufen früh am Morgen und spät am Abend. Als seine Mutter Marcia versuchte, die sie ständig anrufende Nummer von der Telephongesellschaft sperren zu lassen, mußte sie feststellen, daß diese Möglichkeit bei Anschlüssen der Regierung nicht vorhanden ist, so daß die Anrufe also ungehindert weitergingen. Bitten, nicht weiter anzurufen, verhallten ungehört.

Nach zwei Wochen wurde Axel schwach und nahm bei einem solchen Anruf den Hörer ab, was zum Beginn einer ausgesprochenen Odyssee wurde.

Später nahm er dann an einem Wettbewerb für Klimmzüge teil, bei dem der erste Preis eine "XBox" war. Als er schließlich nach Hause kam, erfuhr seine Mutter, daß der Wettbewerb von den US-Marines ausgerichtet worden war und daß sie ihm "eingetrichtert" hatten, sich "freiwillig" zu melden.

Offensichtlich hatten sie sich vorher genau über seinen familiären Hintergrund informiert - allerdings nicht genau genug. Axels Vater war selbst Mitglied des US-Marine-Corps gewesen und gestorben, als Axel 4 Jahre alt war. Seit dem brachte seine Mutter die Familie mit einem kleinen Bauernhof durch.

"Du willst keine Last für deine Mutter sein", sagten sie ihm. "Sei ein Mann," und "Mach deinen Vater stolz." Dies war allerdings der Punkt, an dem die von ihnen gesammelten Informationen doch Lücken aufwiesen. Sein verstorbener Vater hätte aufgrund seiner Erfahrungen in der US-Armee niemals gewollt, daß Axel in das Militär eintritt, so seine Mutter.

Als seine Mutter verreist war, kamen zwei Anwerber zu Axel nach Hause. Zu diesem Zeitpunkt begann Axel, langsam mürbe zu werden. Als er den beiden Männern sagte, er sei nicht interessiert, antwortete einer von ihnen "Du machst einen großen verfluchten Fehler."

Danach tauchten die beiden Männer bei seiner Arbeit auf und verfrachteten ihn in ein Auto. "Sie sagten, wir würden wo hinfahren, aber ich wußte nicht, daß wir bis nach Seattle fahren würden", erinnerte sich Axel. Nur ein paar Tests und zahllose Möglichkeiten.

Er könnte seine Liebe zur Chemie weiterverfolgen. Er könnte an einem Ort seiner Wahl dienen und ausscheiden, wenn er es wollte, wenn es ihm nicht gefiel. Und er würde nicht in den Irak gehen müssen, wenn er dies nicht wollte.

Gegen 03:30 Uhr in der Nacht wurde er in einem Motel geweckt und ihm etwas zu essen gegeben. 12 Stunden später hatte er ohne weitere Nahrung oder gar Schlaf eine ganze Reihe von Tests hinter sich gebracht und einen Stapel Papiere unterzeichnet, die er nicht gelesen hatte. "Nur Formalitäten", hatten sie ihm gesagt. "Unterschreib hier. Und hier. Kein Grund zur Sorge."

Zu dem Zeitpunkt war Marcia "ausgetickt". Sie ging zu dem Rekrutierungsbüro in Burlington, dessen Tür offenstand, wo aber niemand war. Also nahm sie alle Karten und Telephonnummern, die sie fand, darunter auch das Testzentrum in Seattle.

Anrufe auf seinem Mobiltelephon erreichten ihn nicht, da es eingezogen worden war, um "ihn bei den Tests nicht abzulenken". Als Marcia mit Axels Schwester in dem Testzentrum in Seattle ankam, erzählte sie dort, sein Großvater läge im Sterben und er müsse sofort mitkommen. Selbst nachdem ihr gesagt wurde, er würde sofort herauskommen, sah seine Schwester, wie er in ein weiteres Zimmer geführt wurde. Also rannte sie hinter ihm her und ergriff seinen Arm.

Einen Anruf durch einen Anwalt und 250 US-Dollar später befanden sich Axels Mobiltelephon und die von ihm unterzeichneten Papiere in der Post.

Wäre er auf sich allein gestellt gewesen, wäre er mittlerweile höchstwahrscheinlich einer jener "Amerikas Bester", die "freiwillig" die Besatzung des Iraks mit ihrem Leben verteidigen.





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