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Kriegsverbrechen?

Fragen statt Antworten zu Bomben in London

07.07.2005  






Die allgemeine Reaktion war voraussehbar. Schon die ersten Meldungen über Bombenexplosionen in der britischen Hauptstadt London erhoben den Finger und deuteten Richtung Osten.

Daß es sich hier um schreckliche und zu verurteilende Verbrechen handelt, bei denen neusten Agenturmeldungen zufolge mindestens 37 Menschen getötet und 700 teilweise schwer verletzt wurden, ist absolut unstrittig. Die Geschwindigkeit, mit der auch in den Medien wieder einmal die vermeintlich Verantwortlichen - also "Al-Qaida" - ausgemacht wurden, ist allerdings mehr als nur fragwürdig. Durch die hierfür genannten Gründe schließlich disqualifizieren sich diese Berichte allerdings endgültig.

"Terrorismusxperten", die vor laufenden Kameras behaupten, allein die Tatsache, daß hier Massentransportmittel Ziel der Bomben wurden, sei ein klarer Hinweis auf "Al-Qaida", müssen sich die Frage nach ihrer Qualifikation als "Terrorismusexperten" sicherlich gefallen lassen. Nicht nur, daß sich Busse und Bahnen, insbesondere zu Hauptverkehrszeiten, nicht allein aufgrund der damit zu treffenden Zahl von Menschen, sondern auch durch die nachfolgende Wirkung auf die Infrastruktur geradezu aufdrängen, es gab in der Vergangenheit auch bereits mehrere "praktische Beispiele" - hier seien nur die Anschläge der Omu Shinrikyo auf die U-Bahn Tokios im Jahr 1995 und die Bombenanschläge auf Züge im vergangenen Jahr in Madrid genannt.

Und auch die möglichen Motive sind zweifellos weitaus zahlreicher, als dies allgemein den Eindruck hat.

Zwar scheint es wenig wahrscheinlich, daß die Bomben in Wahrheit von einer Gruppe von in ihrem Nationalstolz zutiefst verletzten Franzosen gelegt wurden, nachdem Frankreichs Bewerbung zur Austragung der Olympischen Spiele erneut abgelehnt wurde, die derzeit überwiegend gezeigte dahingehende absolute Sicherheit scheint allerdings kaum angebracht zu sein.

Ebenso stellt sicherlich die in letzter Zeit stark gestiegene Ablehnung der britischen Bevölkerung gegenüber der britischen Beteiligung an der Besatzung des Iraks ein mögliches Motiv dar, ist doch anzunehmen, daß die Menschen sich nun erneut "hinter der Flagge versammeln", wie dies auch in den USA so gern geschieht. In diesem Zusammenhang sei nur daran erinnert, daß auch der spanische Geheimdienst tief in die Anschläge von Madrid verwickelt war.

Wenn es darum geht, Verdächtige zu suchen sollte auch die Möglichkeit, daß es sich um militante Gegner der "G8" gehandelt haben könnte, keineswegs ausgeschlossen werden, ereigneten sich die Explosionen doch zeitgleich mit dem "G8"-Treffen in Gleneagles.

Auch der deutsche Innenminister Otto Schily ist von einem möglichen Motiv kaum freizusprechen, erfolgte seine öffentliche Reaktion doch zu genau, wie erwartet. Nicht nur, daß er sich letztlich für eine weitere Ausweitung der Überwachung der Bürger aussprach, außerdem wurde seine Befragung vor dem Untersuchungsausschuß zur Visa-Affäre aufgrund seiner Reise nach London "verschoben". Diejenigen, die ihn immer wieder wegen zu weitreichender "Sicherheitsmaßnahmen" kritisierten, würden jetzt vielleicht erkennen, "daß es doch ganz sinnvoll ist", so Schily.

Ebenso ist sicherlich ein Motiv der US-Regierung vorhanden, haben die Bomben doch dazu geführt, daß nicht nur die zentralen Tagesordnungspunkte des "G8"-Treffens - Entschuldung der ärmsten Länder und weltweite Erwärmung - in den Hintergrund traten, sondern außerdem der US-geführte "Krieg gegen den Terror" erneut an die Spitze der Agenda trat.

Gleichfalls Iraker hätten ohne Zweifel ausreichend Motive, den Krieg gegen ihr Land in das Land eines der Verursacher zurückzutragen.

Auch die bisherige "offizielle Vermutung", daß es sich um einen "Al-Qaida-Anschlag" handelte, kann kaum ausgeschlossen werden. Durch die massive Beteiligung Großbritanniens am Afghanistan- und insbesondere am Irakkrieg, aber auch durch die kürzliche Ankündigung, sich noch wesentlich stärker im Irak zu engagieren, mag das Land zweifellos ins Fadenkreuz dieser "Organisation" gelangt sein. Anscheinend für diese Theorie spricht auf den ersten Blick das anfangs von Spiegel Online gemeldete "Bekennerschreiben", das vorgab, von Al-Qaida zu stammen.

Dieses "Bekenntnis" scheint allerdings aus mehreren Gründen zumindest zweifelhaft. So bezeichnet sich die verantwortliche Organisation dort als "Gemeinschaft der Geheimorganisation der Al-Qaida Organisation für den Jihad in Europa", was zumindest "unhandlich" sein dürfte. Auch die Website, auf der dieses "Bekenntnis" veröffentlicht wurde, wirft mehr Fragen auf, als Antworten zu geben. Nicht nur, daß sie seit fast vier Jahren offenbar unbehelligt im Internet existiert, der zugehörige Server steht auch in Großbritannien und entzieht sich so keineswegs den im "Krieg gegen den Terror" sonst so engagierten Behörden.

Da US-Präsident George W. Bush, unterstützt vom britischen Premierminister Tony Blair, immer wieder von einem "Krieg gegen den Terror" spricht, stellt sich allerdings auch die Frage, ob es sich hier nicht - wenn es sich denn um einen "Krieg" handelt - um ein "Kriegsverbrechen" handelt. Dies mindert zwar in keiner Weise die Schuld der Verantwortlichen, bietet aber sicherlich die Möglichkeit, einen Vergleich zu den schätzungsweise 150.000 getöteten Zivilisten allein im Irak seit Beginn des offenen Krieges zu ziehen. Hierbei sind weder die in Afghanistan getöteten Zivilisten noch die Toten durch die von den USA initiierten Sanktionen gegen den Irak noch die Toten und infolge der Unmengen an von der "Koalition" im Irak eingesetztem "abgereichertem Uran" mißgebildeten Neugeborenen und der Krebs- und anderen Erkrankungen berücksichtigt. Gleiches gilt abgesehen von den Sanktionen ebenso für Afghanistan.

Auch eine Definition als "Kriegsverbrechen" - vergleichbar beispielsweise mit der Bombardierung Fallujahs - würde nichts an der verbrecherischen Art ändern, würde aber deutlich an der Rechtfertigung kommender und auch aktueller kriegerischer "Strafmaßnahmen" kratzen.





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