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Auf Kosten der Schwächsten

Das Regierungsprogramm der CDU/CSU

12.07.2005  






Am Montag veröffentlichte die CDU/CSU ihr Regierungsprogramm für die möglicherweise im September stattfindende Bundestagswahl, wobei die tatsächliche Durchführung dieser Wahl nach wie vor von der Entscheidung des Bundespräsidenten über die verfassungsmäßigen Weg dorthin einerseits und des Bundesverfassungsgerichts andererseits abhängt.

Bei genauerer Betrachtung bleiben die beiden auf ewig vereinten Parteien auch ihrem langjährigen Ruf mehr als treu, vorrangig das Wohl von Unternehmern im Blick zu haben. Die Behauptung, daß dies nur geschehe, um so zur "Schaffung neuer Arbeitsplätze" zu führen, ist bestenfalls schöner Schein zu nennen.

Effektiv wird eine in dem Partei fast eine völlige Abschaffung der Tarifbindung gefordert. "Wir werden deshalb das Günstigkeitsprinzip Tarifvertragsgesetz dahingehend ergänzen, daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber abweichend von einem Tarifvertrag einzelvertragliche Vereinbarungen schließen können, wenn dies der Beschäftigungssicherung oder dem Beschäftigungsaufbau dient", heißt es dort. Eine goldenere Brücke zur Abweichung von Tarifverträgen ist sicherlich kaum vorstellbar. Angesichts der Arbeitsmarktlage in Deutschland ist dabei auch die "Hürde", daß zwei Drittel der Belegschaft einer solchen Maßnahme zustimmen müssen, kaum als solche zu bezeichnen. Insbesondere mit der geforderten fast vollständigen Abschaffung des Kündigungsschutzes stünde Unternehmern hier ein überdeutliches Druckmittel zur Verfügung.

Auch die geplante Senkung der Sozialversicherungsbeiträge kommt einseitig den Unternehmen zugute. Zwar würde auch diese Ersparnis zu gleichen Teilen mit den Sozialversicherten geteilt, die Gegenfinanzierung durch eine Anhebung der Mehrwertsteuer von jetzt 16 auf dann 18 Prozent träfe allerdings wiederum nur die Angestellten, da gezahlte Mehrwertsteuer von Unternehmen als Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht werden kann und so letztlich nicht zu bezahlen ist. Die gesamte "Entlastung" - also eben auch der Teil der Unternehmen - würde also letzten Endes von den Verbrauchern getragen werden.

Daß eine solche Anhebung sich kaum förderlich auf die Binnennachfrage durch private Haushalte auswirken dürfte, ist klar. Interessant ist aber auch ein Blick auf die unterschiedliche Auswirkung auf verschiedene Einkommensklassen. Der erste Eindruck, daß die Auswirkungen hier gleich sein müßten, trügt. So ist der Erwerb von Beteiligungen, zum Beispiel Aktien, umsatzsteuerfrei, wie auch in vielen Fällen der Erwerb von Immobilien. Auch die hieraus erzielten Einkünfte unterliegen nicht der Mehrwertsteuer.

Besonders hart würde hingegen jener Bevölkerungsteil getroffen, der sich am absolut unteren Ende der Einkommensskala bewegt, vorrangig also "Hartz IV"-Empfänger. Ein solcher alleinstehender Sozialhilfe-Empfänger - was zweifellos die treffendere Bezeichnung ist - erhält derzeit 345,- Euro im Monat zuzüglich Miet- und Heizkosten. Ein großer Teil der Sozialhilfe wird also sicherlich für Lebensmittel, die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent unterliegen, aufgewendet. Da aber eben fast alle anderen ebenso regelmäßig benötigten Güter wie Körperpflegemittel, Kleidung und auch Strom und Gas sowie Kinderspielzeug dem vollen Mehrwertsteuersatz unterliegen, wären die Auswirkungen keineswegs unerheblich.

Auch die Senkung der Pendlerpauschale von jetzt 0,30 Euro auf 0,25 Euro pro Kilometer und der "gleichmäßige Abbau der Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen innerhalb von sechs Jahren" richten sich ein weiteres Mal vorrangig gegen Angestellte mit niedrigeren Einkommen.

Die geplante Absenkung der Körperschaftsteuer auf 22 Prozent von derzeit 25 Prozent läßt kaum erwarten, daß dies zu den immer wieder versprochenen zahllosen neuen Arbeitsplätzen führen wird. Im Jahr 1996 betrug der Körperschaftssteuersatz noch 45 Prozent, die stückweise Absenkung auf wenig mehr als die Hälfte hat augenscheinlich auf dem Arbeitsmarkt wenig bewegt.

Geht es hingegen um den "Subventionsabbau" für jene, die derzeit mit dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent - der nach diesen Plänen der CDU/CSU auf 39 Prozent gesenkt werden soll - so wird das Papier auffällig einsilbig. So sollen zwar "Steuerschlupflöcher" geschlossen und "Steuersparmodelle" abgebaut werden, abgesehen von den "lukrativen Verlustverrechnungsmöglichkeiten bei Fondsmodellen (etwa Medien, Windkraft, Schiffs- und Flugzeugbeteiligungen)" werden hier allerdings keine konkreten Pläne genannt.

Zweifel, daß diese Bevölkerungsschicht bei einem Wahlsieg der CDU/CSU ebenso hart von den Gesetzesänderungen getroffen würde wie jene am anderen Ende des Spektrums scheinen also mehr als angebracht.





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