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Fachtig oder rilsch?

Beliebigkeit in Zeiten des Wahlkampfs

02.09.2005  






Der Freitag hat einmal mehr gezeigt, wie unwichtig "eherne Grundsätze" in Zeiten des Wahlkampfs geworden sind und wie schnell sich felsenfeste Überzeugen von Politikern um 180 Grad wenden können.

Noch am Freitagmorgen hatte sich die deutsche Bundesregierung geradezu empört über die von CDU/CSU und FDP vorgetragene Forderung nach einer Freigabe eines Teils der deutschen Ölreserve gezeigt. Angela Merkel und Guido Westerwelle hätten mit dieser Forderung gezeigt, daß sie die gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Freigabe nicht kennen würden, so Regierungssprecher Béla Anda. Eine Freigabe sei vielmehr nur "zum Zwecke der Verhütung unmittelbar drohender oder der Behebung eingetretener Störungen in der Energieversorgung" oder aufgrund der Verpflichtung "durch Rechtsakte der EU oder der IEA" ("International Energy Agency", "Internationale Energieagentur") möglich.

Mit dem Begriff "Störung" seien "physische Versorgungsstörungen gemeint. Der Verwaltungsrat der IEA befindet nach gründlicher Analyse des Marktes und der Versorgungssituation der Mitgliedsländer, ob eine Störung der Versorgung vorliegt. In Abhängigkeit vom Umfang einer eventuellen Störung sind gestaffelte Maßnahmen der Verbrauchseinschränkung und Bestandsfreigabe vorgesehen", so Anda weiter.

Und auch der Sinn einer solchen Maßnahme wurde noch am Morgen von der Bundesregierung bezweifelt. "Die Tagesproduktion am Rohöl weltweit beträgt 10,67 Millionen Tonnen. Die Freigabe des deutschen Notvorrats von 13,4 Millionen Tonnen hätte nach Aussage maßgeblicher Experten keine Auswirkung auf den Ölpreis", sagte Anda.

Getreu dem von Konrad Adenauer geprägten Grundsatz "Was schert mich mein Geschwätz von gestern" lieferte Bundeskanzler Gerhard Schröder nur wenige Stunden später einen erneuten Beweis für seine Flexibilität ab. Nachdem die USA bei der IEA einen Antrag zur Freigabe der strategischen Ölreserven eingereicht hatten, sagte er, er würde diesen "selbstverständlich" unterstützen.

Nun handelte es sich also plötzlich nicht mehr um eine sinnlose Maßnahme, die zudem den Prinzipien der Ölreserve zuwiderlaufen würde. Ein Zusammenhang mit den in den letzten Tagen stark gestiegenen Preisen an den Tankstellen verneinte er aber - hätte dies doch auch bedeutet, Merkel und Westerwelle doch noch recht zu geben.

Hieß es noch am Morgen, ein solches Vorgehen sei unverantwortlich, da die Ölreserven für Notfälle aufgebaut worden seien, in denen die Versorgung selbst nicht mehr sichergestellt sei und nicht, in denen es zu Preisanstiegen käme, da man die Reserve nur einmal aufbrauchen könne, zählten all diese Bedenken wenige Stunden später nichts mehr.

Dabei ist den genannten Einwänden zweifellos beizustimmen. Auch wenn die abrupten Preissteigerungen der letzten Tage äußerst schmerzhaft erscheinen mögen, so sind sie angesichts des geradezu explodierenden Energiebedarfs insbesondere Chinas sicherlich nur ein kleiner Vorgeschmack auf die Zukunft. Die Ölvorräte, die Engpässe wie jene während der - damals noch künstlich herbeigeführten - Ölkrise der Jahre 1973 und 1974 überbrücken sollen, für eine derart kurzfristige "Linderung" - so sich denn überhaupt eine Wirkung zeigen sollte - einzusetzen, erscheint insbesondere aufgrund des bereits am Horizont erscheinenden Angriffskrieges auf den Iran mehr als verantwortungslos.

Es ist nur zu offensichtlich, daß Schröder, der den Forderungen Merkels und Westerwelles schon prinzipiell widersprechen mußte, angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl nur zu glücklich war, sich mit den USA "unbegrenzt solidarisch" zu zeigen, um so in Wahrheit den Wählern ein kleines Appetithäppchen hinwerfen zu können.





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