Wie der britische Guardian berichtete, hat am Mittwoch ein Prozeß gegen 47 teilweise hochrangige italienische Polizisten, darunter den Oberkommandierenden der italienischen Gefängniswärter, wegen der Mißhandlung von Demonstranten während des "G8"-Gipfels im Jahr 2001 in Genua begonnen. Am Freitag wird nach einer sechsmonatigen Unterbrechung ein Verfahren gegen 28 weitere Polizisten wegen des Überfalls auf in einem Schulgebäude schlafende Demonstranten fortgesetzt werden. Alle Angeklagten bestreiten die Vorwürfe trotz der über 600 vorgeladenen Zeugen. Den Angeklagten in dem am Mittwoch begonnenen Verfahren wird unter anderem Machtmißbrauch und illegale Gewaltanwendung in einem Gefangenenlager in Bolzenato nahe Genua vorgeworfen. Den Anklägern zufolge wurden Gefangene verprügelt, mit Reizgas eingesprüht und gezwungen, faschistische Lieder zu singen. Weiblichen Gefangenen wurde gedroht, sie mit Schlagstöcken zu vergewaltigen. Der britische Independent zitierte den italienischen Historiker Paul Ginsborg mit den Worten: "Wirklich ekelerregende Dinge sind in Bolzaneto passiert, pures faschistisches Zeug. Durch die Wahl der Mitte-Rechts-Regierung und mit dem postfaschistischen Anführer Gianfranco Fini als stellvertretendem Premierminister glaubten bestimmte Elemente, sie könnten mit allem ungeschoren davonkommen." Das Verfahren vom Freitag richtet sich gegen Polizisten und deren Befehlshaber, die an der Erstürmung der Diaz-Schule, die an das Sozialforum Genua vermietet worden war, am 22. Juli 2001 beteiligt waren. Etwa 150 Polizisten hatten die Schule unter Führung eines "experimentellen" Überfallkommandos gestürmt, wobei 62 der dort anwesenden 93 Menschen so schwer verletzt wurden, daß sie ärztliche Hilfe benötigten. 25 von ihnen mußten zur Behandlung im Krankenhaus bleiben und drei befanden sich im Koma. Alle anwesenden wurden ungeachtet ihres Zustands verhaftet und nach Bolzaneto gebracht. Später wurden die Vorwürfe gegen alle Gefangenen fallengelassen. Es stellte sich einige Monate später auch heraus, daß zwei vorgeblich in der Schule gefundene "Molotov-Cocktails" in Wahrheit dort von den Polizisten plaziert worden waren. Aufgrund eines neuen, auf Druck des italienischen Premierministers Silvio Berlusconi eingebrachten Gesetzes scheint es allerdings unwahrscheinlich, daß die Verfahren gegen die Polizisten tatsächlich beendet werden. Das als "Previti-Rettungs-Gesetz" bekannte Gesetz soll dazu dienen, den langjährigen Anwalt Berlusconis, Cesare Previti, vor einer Gefängnisstrafe wegen der Bestechung eines Richters zu bewahren. Hierzu sieht das Gesetz eine drastische Verkürzung der Verjährungsfrist zahlreicher Verbrechen vor, was auch die Anklagen in den Verfahren gegen die Polizisten betreffen würde. Zurück zur Startseite Impressum und Datenschutz contact: EMail |