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Immer wieder Wahlbetrug

Wurde die "irakische Verfassung" wirklich angenommen?

06.11.2005  






Schon die Abstimmungsregelungen zur "irakischen Verfassung" selbst waren sicherlich geeignet, Fragen aufzuwerfen. Zwar hätte es für eine Ablehnung ausgereicht, wenn 3 der 18 irakischen Provinzen die "Verfassung" in der Abstimmung abgelehnt hätten, eine Ablehnung wurde in einer Provinz aber erst bei mindestens zwei Dritteln "Nein"-Stimmen als solche gewertet.

In der Provinz Anbar stimmten den offiziellen Angaben zufolge 96,9 Prozent der abgegebenen Stimmen mit "Nein", in der Provinz Salahuddin waren es immerhin noch 81,75 Prozent. Aber auch in der Provinz Nineveh stimmte die Mehrheit der Wähler gegen die "Verfassung", allerdings nur 55,08 Prozent, so daß diese Provinz bei der Ablehnung nicht die bereits genannte Zweidrittelmehrheit erreichte. Da keine weitere Provinz die "Verfassung" ablehnte - auch in Diyala war die Mehrheit mit 51,27 "Ja"-Stimmen denkbar knapp - gilt sie offiziell von der irakischen Bevölkerung als angenommen.

Ein IPS-Bericht vom Freitag zeigt nun, daß es auch bei dieser, letztlich durch die USA organisierten Abstimmung wieder zu massivem Wahlbetrug gekommen ist. Dies wiegt umso schwerer, als der "irakische Wahlleiter" Farid Ayar die Wahl als "100 Prozent korrekt" mit "keinen Vorfällen, die das Ergebnis der Wahl beeinflussen könnten" bezeichnet hat.

Der Nachrichtenagentur vorliegende Berichte des US-Militärs belegen, daß es insbesondere in der Provinz Nineveh zu massivem Wahlbetrug gekommen ist. Mehrere Quellen - Kurden und assyirische Christen, die als Berater für das US-Militär arbeiteten und grundsätzlich kaum ein Interesse an einem Scheitern der "Verfassung" haben dürften - sagten demnach aus, daß eine große Zahl von Kurden in Bussen offenbar in mehrere Wahlkreise gebracht worden ist, um widerrechtlich an der Wahl teilzunehmen.

Eine der Quellen, ein namentlich nicht genannter Lokalpolitiker, der die US-Besatzung befürwortet, berichtete, daß die "Kurdische Demokratische Partei" (KDP) 500 kurdische Wähler in Bussen in die östlich von Mosul gelegene Stadt Bartilla gebracht hatten, um dort abzustimmen. Einer Zeugenaussage zufolge wurden die Wahlhelfer in dem Wahllokal von eine großen Gruppe kurdischer Milizen gezwungen, den herangebrachten Kurden Stimmzettel auszuhändigen. Ein weiterer Zeuge berichtete gegenüber dem US-Militär, daß der stellvertretende Gouverneur der Provinz Khasro Goran, der selbst ein Mitglied der KDP ist, die Anweisung gegeben hatte, den 500 Kurden zu gestatten, an der Wahl teilzunehmen. Danach sollten sie in andere Orte gebracht werden, um dort ebenfalls abzustimmen.

Lokale Bürgermeister lehnten den Plan der Quelle zufolge zwar ab, da sie aber über keinerlei Streitkräfte verfügten, mußten sie sich den Forderungen beugen.

Ein Anwohner berichtete gegenüber Nichtregierungsorganisationen, daß eine große Zahl von Kurden am Abend des 14. Oktober und am folgenden Morgen in über 20 Bussen in die nichtkurdische Stadt Alqosh nördlich Mosuls gebracht worden seien. Ein Berater des US-Militärs sagte, die Abstimmung in Alqosh habe 950 "Ja"-Stimmen und 100 "Nein"-Stimmen ergeben. Die "importierten" Wähler stellten also offenbar den Großteil der Wähler in dem Ort dar.

Die gleiche Quelle berichtete, daß in dem Ort Telaskof 1.220 Stimmen abgegeben worden sind, von denen 90 Prozent mit "Ja" gestimmt hätten. Die Mehrheit des Ortes lehnte der Quelle zufolge allerdings die Verfassung ab und der überwiegende Teil der Wähler blieb der Abstimmung fern.

In Telkaif, wo 70 Prozent der Stimmen sich für die "Verfassung" aussprachen, berichtete ein Augenzeuge, daß das Wahllokal in dem Ort ausschließlich mit Personal der KDP besetzt worden sei, darunter ein Geheimpolizist der KDP.

In dem Ort Qaraqosh, in dem Kurden nur etwa ein Prozent der Bevölkerung ausmachen, stimmten 85 Prozent der Wähler für die "Verfassung". Der Informant sagte gegenüber dem US-Militär, der Hauptgrund hierfür sei die Angst vor den kurdischen Milizen gewesen.

Zahlreiche Quellen berichteten, daß Kurden das Gerücht gestreut hatten, daß Qähler, die sich gegen die "Verfassung" aussprechen würden, ihre Lebensmittelkarten verlieren würden, was offenbar tatsächlich zu zahlreichen "Ja"-Stimmen zwecks Erhalts der Lebensmittelrationen führte.

Es scheint also mehr als wahrscheinlich, daß die Provinz Nineveh sich bei einem korrekten Wahlverlauf auch bei Anwendung der Zweidrittelklausel gegen die "Verfassung" ausgesprochen hätte. Es scheint zunehmend, daß die Ergebnisse von Wahlen, die unter Beteiligung der USA stattfinden - gleichgültig, ob im eigenen Land, oder im Ausland - mit größter Skepsis zu betrachten sind.





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