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Die Kinder des Iraks

Das Gesicht des Kummers

27.03.2006  






Bereits vor fast einem Jahr verfaßte der Autor César Chelala folgenden Kommentar, der nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat.

Über zwei Jahre nach Beginn des Krieges im Irak sind die Kinder weiterhin seine Hauptopfer. Gleichzeitig verschlechtert sich der Gesundheitszustand des Großteils der Bevölkerung. In den 80er Jahren hatte der Irak eines der besten Gesundheitssysteme der Region, heute kann er nicht die Gesundheitsbedürfnisse der Bevölkerung erfüllen.

Dies ist das dritte Mal in den letzten 25 Jahren - nach dem Krieg gegen den Iran zwischen 1980 und 1988 und dem Golfkrieg von 1991 - daß irakische Zivilisten, überwiegend Kinder, unter den Folgen eines Kriegs leiden. Dies geschieht in einem Land, in dem fast die Hälfte der Bewohner jünger als 18 Jahre ist.

1991 gab es 1.800 Kliniken im Irak. Über ein Jahrzehnt später hat sich diese Zahl fast halbiert und fast ein Drittel von ihnen bedarf einer grundlegenden Sanierung. Auf dem Index der Vereinten Nationen zur Messung der Lebensqualität ist das Land von Platz 96 auf Platz 127 gefallen, einer der dramatischten Rückgänge des menschlichen Sozialwesens in der jüngeren Geschichte.

Jean Ziegler, dem UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, zufolge hat sich die Quote der Unterernährung bei irakischen Kindern seit dem Sturz von Saddam Hussein im April 2003 fast verdoppelt. Heute entspricht die Quote der Unterernährung von Kindern mit 7,7 Prozent ziemlich genau jener von Burundi, einem afrikanischen Land, das von über einem Jahrzehnt des Krieges verwüstet worden ist. Sie ist weitaus höher als in Uganda und Haiti, Ländern, die ebenfalls von unerbittlicher Gewalt zerstört werden.

Die Gesundheitsprobleme der Bevölkerung unterscheiden sich dramatisch von jenen junger Iraker vor einer Generation, als Übergewicht eines der größten ernährungsbedingten Gesundheitsprobleme war. Große Zahlen der Unterernährung begannen in den 90er Jahren infolge der UN-Sanktionen zur Strafe des Angriffs Saddam Husseins auf Kuwait im Jahr 1990. Aber nach dem Angriff der Koalitionsstreitkräfte im Jahr 2003 haben ein beständiger Kreislauf der Rebellengewalt und Gegenangriffe der Besatzer die grundlegende Gesundheitsinfrastruktur des Landes beschädigt.

Der Mangel an einer verläßlichen Stromversorgung und Engpässe beim Trinkwasser im ganzen Land verschlimmern den Verfall der Gesundheit der Bevölkerung zusammen mit Ausbrüchen von Cholera und Typhus, insbesondere im Südirak. Der Zusammenbruch des Wasser- und Abwassersysteme ist auch einer der vermutlichen Gründe für einen Ausbruch von Hepatitis, insbesondere tödlich für schwangere Frauen.

Einer Schätzung zufolge haben 60 Prozent der Land- und 20 Prozent der Stadtbewohner nur Zugang zu verschmutztem Wasser. In dem am schlimmsten betroffenen Gebieten mangelt es 70 Prozent der Grundschulen an Trinkwasser. (Statistiken der Weltbank zufolge gehen 25 Prozent der Kinder im Irak im Grundschulalter nicht zur Schule. Statistiken des Bildungsministeriums besagen, daß 80 Prozent der Schulen repariert und 9 Prozent abgerissen werden müssen.)

Hunderttausende der seit Beginn des derzeitigen Krieges geborenen Kinder haben keine der notwendigen Impfungen erhalten und Impfprogramme in den Hauptgegenden des Landes sind praktisch zum Erliegen gekommen. Die Zerstörung von Kühlsystemen, die zur Lagerung von Impfstoffen benötigt werden, haben die Versorgung mit Impfstoffen praktisch nutzlos gemacht.

Es mangelt selbst an billigsten Antibiotika, was das Risiko der Bevölkerung erhöht, an verbreiteten Infektionen zu sterben. Krankenhäuser sind überbelegt und in vielen Krankenhäusern fällt nachts das Licht aus, weil es ihnen an Leuchtmitteln mangelt. Der irakische Gesundheitsminister behauptet, daß 100 Prozent der Krankenhäuser im Irak eine Sanierung brauchen.

Das Problem wird noch dadurch verschärft, daß internationale Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen und CARE ihre Arbeit im Irak aufgrund der Gefährdungslage eingestellt haben. Beide Organisationen haben traditionellerweise eine hohe Gefahrentoleranz und eine bemerkenswerte Geschichte der Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden in dem Land.

Das "Center for Strategic and International Studies", eine Washingtoner Forschungsorganisation, machte kürzlich fünf Bereiche des irakischen Wiederaufbaus aus: Sicherheit, Regierung und -beteiligung, wirtschaftliche Entwicklung, Dienstleistungen und gesellschaftliches Wohlbefinden. Sie kamen zu dem Ergebnis, daß die Gesundheitsversorgung der sich am schnellsten verschlechternde Bereich sei. Infolge all dieser Probleme bei der Gesundheitsversorgung ist Irak das Land, das hinsichtlich der Kindersterblichkeit seit den 90er Jahren die geringsten Fortschritte erzielt hat.

Die Erwachsenen spielen ihre perversen Kriegsspiele und die Kinder leiden. Dies ist eine schwerwiegende Anklage jeden Krieges - und jener, die Kriege beginnen, ohne die möglichen Folgen für die Schwächsten der Zivilbevölkerung in Betracht zu ziehen.





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