Am Mittwoch sind einer AP-Meldung zufolge in der irakischen Stadt Samarra eine Hochschwangere und ihre Cousine von US-Soldaten erschossen worden, während sie von ihrem Bruder in eine Geburtsklinik gefahren wurden. Die 35 Jahre alte Mutter zweier Kinder Nabiha Nisaif Jassim und ihre 57-jährige Cousine Saliha Mohammed Hassan wurden von den Kugeln der US-Soldaten getötet, weil Jassims Bruder das Auto zu nah an einen Beobachtungsposten des US-Militärs in der Stadt gefahren hatte, sagten der "irakische" Polizeihauptmann Laith Mohammed und mehrere Augenzeugen aus. Nach Angaben des US-Militärs feuerten die Soldaten auf ein Fahrzeug, das in einen "klar verbotenen Bereich" nahe dem Beobachtungsposten eindrang und trotz "wiederholter visueller und akustischer Warnungen" nicht anhielt. "Schüsse wurden abgefeuert, um das Fahrzeug auszuschalten", so das US-Militär in einer Erklärung gegenüber AP. "Koalitionsstreitkräfte erhielten später Berichte von der irakischen Polizei, daß zwei Frauen an Schußverletzungen gestorben waren ... und eine der Frauen möglicherweise schwanger war." "Der Verlust von Leben ist bedauerlich und Koalitionsstreitkräfte unternehmen große Anstrengungen, ihn zu verhindern", so die Erklärung weiter. Schon die Formulierung, Jassim sei "möglicherweise" schwanger gewesen – immerhin sollte sie in der Klinik entbinden – ist als ein Versuch anzusehen, den Vorfall weniger drastisch darzustellen. Es gehört selbstverständlich zur Standardvorgehensweise der US-Soldaten, ein "neutralisiertes Ziel" zu untersuchen. Hierbei muß den Soldaten klargeworden sein, daß sie eine Hochschwangere erschossen hatten. Ginge es hier nicht um den Tod dreier Menschen, so könnte man die Behauptung, das US-Militär unternehme "große Anstrengungen", um den Tod von Zivilisten zu verhindern, zweifellos als – wenn auch nicht sonderlich feine – Ironie bezeichnen. So hingegen bestätigt die Erklärung letztlich nur ein weiteres Mal, daß US-Soldaten im Irak praktisch ungestraft Menschen töten können, solange sie sich nur in irgendeiner Weise von ihnen "bedroht" fühlen. Jassims Bruder Khalid Nisaif Jassim, der selbst nur leichtere Verletzungen durch Glassplitter davongetragen hat, sagte, er habe keinerlei Warnungen gesehen, als er seine Schwester zu der Klinik fuhr. "Ich fuhr mit Höchstgeschwindigkeit, weil ich kein Schild oder Warnung der Amerikaner sah. Ich hielt erst an, als sie die beiden Kugeln abfeuerten, die meine Schwester und Cousine töteten", sagte er. "Gott möge Rache an den Amerikanern und jenen, die sie hierher brachten, nehmen. Sie haben keinen Respekt vor unseren Leben." Seiner Aussage zufolge haben Ärzte später im Krankenhaus vergeblich versucht, das Leben des ungeborenen Kindes zu retten. Wie Aljazeera am Mittwoch berichtete, hat der "irakische Premierminister" Nuri al-Maliki am Dienstag hinsichtlich der offenbar mutwilligen Tötung von 24 irakischen Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, durch US-Marineinfanteristen in der Stadt Haditha, die Geduld mit den "Entschuldigungen" des US-Militärs ginge zur Neige. "Ja, ein Fehler kann passieren, aber es gibt eine annehmbare Grenze für Fehler", so al-Maliki. "Wir sind über die Zunahme von 'Fehlern' besorgt. Ich sage nicht, daß sie beabsichtigt sind. Aber es ist beunruhigend für uns." Tatsächlich ist seine Bezeichnung des Vorfalls in Haditha, der von einigen Kommentatoren bereits – wenn auch angesichts des Ausmaßes nicht vollständig gerechtfertigt – mit dem Massaker in My Lai während des Vietnam-Krieges verglichen wird, gleichfalls als Versuch der Verharmlosung zu bezeichnen. Angesichts der immer deutlicher werdenden Beweise kann hier nur von einem Massaker an Zivilisten gesprochen werden, wobei das Ausmaß von My Lai eher in anderen Fällen erreicht worden sein dürfte. Daher und angesichts der Tatsache, daß auch al-Maliki nur als US-Marionette anzusehen ist, muß auch seine Aussage "Wir werden nicht nur über Haditha sondern über jede Operation ... bei der es zu Tötungen durch Fehler gekommen ist, Antworten fordern und wir werden werden die Täter zur Verantwortung ziehen" kritisch bewertet werden. Mindestens zwei Menschen werden in Zukunft allerdings zweifellos alles daran setzen, die Täter – oder jeden anderen Besatzungssoldaten im Irak – zur Verantwortung zu ziehen: Jassims Ehemann, der bereits in der Entbindungsklinik auf sie wartete und ihr Bruder. Beide werden sich mit Sicherheit dem irakischen Widerstand anschließen, um den Tod der drei Menschen zu rächen. "Die Menschen in Samarra sind sehr wütend auf die Amerikaner, nicht nur wegen des Haditha-Falls, sondern weil die Amerikaner Menschen insbesondere in letzter Zeit wahllos töten", sagte Khalid Nisaif Jassim. Zurück zur Startseite Impressum und Datenschutz contact: EMail |