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Erstrittene Redefreiheit

US-Spitzelopfer dürfen sprechen

03.06.2006  






Einem Bericht der US-Bürgerrechtsorganisation ACLU ("American Civil Liberties Union", "Amerikanische Bürgerrechts-Vereinigung") vom Dienstag zufolge wurde der "Maulkorberlaß" im Rahmen des "Patriot Acts" gegen vier Bibliothekare durch einen Richterspruch nun endgültig aufgehoben.

Der "Patriot Act" enthält einen Passus, den "National Security Letter" (NSL, "Nationale Sicherheit-Brief"), der es den US-Behörden erlaubt, ohne richterlichen Beschluß Akteneinsicht über beliebige Personen zu erlangen, obwohl sie keines Vergehens verdächtigt werden. Jeder, der eine solche Aufforderung zur Herausgabe von Informationen erhält, darf hierüber bei Strafandrohung kein Wort verlieren - weder gegenüber Vorgesetzten noch Freunden, Verwandten oder anderen Personen. Selbst die Gespräche mit Anwälten hinsichtlich der Klage waren in letzter Konsequenz eine Verletzung der NSLs. Zwar hatte eine Richterin bereits im vergangenen Jahr entschieden, daß dieser "Maulkorberlaß" die Rechte der Bibliothekare verletze, dieses Urteil wurde aber erst jetzt rechtskräftig, da die Gegenseite ihre Berufung zurückzog.

Seit Einführung des "Patriot Acts" im Jahr 2001 ist die Zahl solcher NSLs dank eines erleichterten Zugriffs auf diese Maßnahme für das FBI auf jährlich rund 30.000 gestiegen.

"Als Bibliothekar sehe ich es als meine Pflicht an, über jede Beeinträchtigung der intellektuellen Freiheit der Bücherei-Besucher zu sprechen", sagte einer der Kläger, Peter Chase, Leiter der öffentlichen Bücherei in Plainville. "Aber bisher hinderte meine eigene Regierung mich daran, diese Pflicht zu erfüllen."

"Die Regierung erzählte dem Kongreß, daß sie den Patriot Act nicht gegen Büchereien benütze und daß niemandes Rechte verletzt worden seien", so Chase weiter. "Ich konnte einfach nicht Teil dieses unserer Nation untergeschobenen Betruges sein. Wir mußten unsere Kunden und uns selbst beschützen und so ... reichten wir eine Klage gegen das Recht der Regierung, diese Akten ohne Gerichtsbeschluß einfordern zu können, ein."

George Christian, ein weiterer Kläger und Geschäftsführer von "Library Connection", einem Zusammenschluß von Büchereien im US-Bundesstaat Connecticut, sagte: "Ich bin darüber erzürnt, daß die Regierung Regelungen des Patriot Acts benutzt, um unbeschränkten und geheimen Zugang zu den Akten von Büchereien zu bekommen."

"Freie öffentliche Büchereien existieren in diesem Land, um Demokratie zu fördern, indem sie es der Öffentlichkeit erlauben, sie über die Themen des Tages zu informieren", so Christian weiter. "Der Gedanke, daß die Regierung insgeheim untersuchen kann, worüber sich die Öffentlichkeit informiert, ist gruselig."

Die Tatsache, daß die US-Regierung die eingereichte Berufung erst jetzt zurückzog, kann kaum als Zufall bezeichnet werden, wurde doch ebenfalls erst kürzlich eine Verlängerung des "Patriot Acts" beschlossen. Dies ist um so bemerkenswerter, als die Identität der betroffenen Büchereien durch nicht entsprechend geschwärzte und veröffentlichte Regierungsdokumente bereits im September 2005 enthüllt worden war.

"Obwohl unsere Identität durch die eigenen Fehler der Regierung öffentlich war, bestanden sie darauf, daß wir nicht sprechen durften", sagte Barbara Bailey, Leiterin der Welles-Turner Gedächtnisbücherei in Glastonbury, Connecticut.

Christian zeigte sich in einer Erklärung überzeugt, daß das späte Zurückziehen der Berufung keineswegs zufällig geschah.

"Da das Justizministerium keinen anderen Grund für seine plötzliche Entscheidung dafür gab, daß es sich meiner Eingabe gegen den Maulkorberlaß nicht länger entgegenstellte, kann ich nur schlußfolgern, daß der Zweck der Verzögerung war, mich daran zu hindern, vor dem Kongreß zu sprechen, während über die Verlängerung des Patriot Acts diskutiert wurde. Es beschämt mich, daß meine Regierung sich zu derartigen Taktiken herabläßt, um eine freie und offene Diskussion zu verhindern. Die Tatsache, daß ich nun sprechen kann, ist als würde es einem erst erlaubt, die Feuerwehr zu rufen, nachdem das Gebäude bis auf die Grundmauern niedergebrannt ist", sagte er.





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