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Kein Schutz vor den Verfassungsschützern

NRW setzt Artikel 13 Grundgesetz außer Kraft

23.12.2006  






Einmal mehr hält es die Mehrzahl der "etablierten Medien" in Deutschland nicht für notwendig, über zwei Vorfälle zu berichten, die die ungezügelte Neugier der "Verfassungsschutzbehörden" in Deutschland und die offenkundige Angst der Regierenden vor den Bürgern belegen.

Am Mittwoch verabschiedete das Parlament des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen eine Gesetzesänderung, die es dem Verfassungsschutz des Landes zukünftig gestattet, heimlich über das Internet in Computer in Privatwohnungen einzudringen und die dort gespeicherten Daten auszuspionieren - ein offensichtlicher Bruch des Artikels 13 des deutschen Grundgesetzes "Unverletzlichkeit der Wohnung".

Mehrere Abgeordnete des nordrhein-westfälischen Landtags kritisierten das Gesetz scharf. "Das Auslesen von Festplatten ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte, staatlich organisierter Hausfriedensbruch", sagte der SPD-Abgeordnete Karsten Rudolph. Die Grünen-Abgeordnete Monika Düker ging noch weiter. "Ich mache mir ernste Sorgen um den Rechtstaat", sagte sie. "Sie mißachten die Rechte der Betroffenen. Ich halte den Gesetzentwurf für verfassungswidrig." Weder sie noch Rudolph oder andere Politiker haben bisher allerdings angekündigt, Schritte gegen das Gesetz einzuleiten, weshalb sich die Bürgerrechtlerin Twister (Bettina Winsemann) genötigt sieht, diese Rolle zu übernehmen. Noch am Tag der Verabschiedung des Gesetzes kündigte sie eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz an.

"Ich halte diese neuen Regelungen für verfassungswidrig und denke, es ist meine Pflicht, hier tätig zu werden und mich mit den Mitteln zu wehren, die es gibt", so Twister. "Da von anderer Seite scheinbar nicht geplant ist, Verfassungsbeschwerde einzureichen, denke ich, daß es an mir ist, dies zu tun."

Inwieweit hier tatsächlich Erfolgsaussichten vorhanden sind ist angesichts des politischen Drucks für derartige Vollmachten - nicht nur, daß weitere Bundesländer entsprechende Gesetzesänderungen planen, auch das Bundeskriminalamt arbeitet derzeit an einem "Projekt" zum heimlichen Eindringen in Computer von "Verdächtigen" über das Internet - zumindest fragwürdig. Daher kann es kaum verwundern, daß in Forendiskussionen über diese Gesetzesänderung häufig auf Artikel 20, Absatz 4 "Widerstandsrecht" des deutschen Grundgesetzes hingewiesen wird.

Dort heißt es im Hinblick auf die "Grundlagen staatlicher Ordnung": "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist." Der Verweis auf diesen Artikel kann im Hinblick auf die nordrhein-westfälische Gesetzesänderung und insbesondere des Absatzes 3 des gleichen Artikels ("Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.") kaum verwundern.

Wie weitläufig die Definition "möglicher Verfassungsfeinde" beim Verfassungsschutz gefaßt wird, zeigt die Tatsache, daß die gesamte Fraktion der Linke/PDS im Bundestag vom Verfassungsschutz beobachtet wird. An der Behauptung, hierbei würden keine nachrichtendienstlichen Mittel eingesetzt, meldete Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linken/PDS, erhebliche Zweifel an. "Warum verweigert die Regierung dann Angaben zu den konkreten Inhalten der 'Sachakten'", fragte sie. "Wenn sie tatsächlich nur öffentlich zugängliche Quellen auswertet, warum befürchtet sie dann, es könnten bei Offenlegung der gespeicherten Informationen vorliegende Rückschlüsse auf Erkenntnisstand und Arbeitsweise des BfV in Bezug auf die 'Linkspartei.PDS’ gezogen werden?"

Zwar setze sich ihre Fraktion für die sozialen Rechte der Menschen, gegen den Abbau der Freiheitsrechte und gegen die Kriegspolitik der Regierung ein, "Das aber geschieht auf dem Boden des Grundgesetzes, in dem im Übrigen mit dem Sozialstaatsgebot, dem Verbot der Beteiligung der Bundeswehr an Angriffskriegen und den Grundrechten Grundsätze verankert sind, die die Bundesregierung verletzt. Angesichts dessen stellt sich die Frage, vor wem dann die Verfassung geschützt werden muß", so Jelpke weiter.





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