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Der Große Bruder kommt nach Hause

Fingerabdrücke und andere biometrische Daten von britischen Erstklässlern

28.07.2007  






Schon die permanente Überwachung eines Großteils der britischen Bevölkerung durch Millionen von Kameras ist zweifellos mehr als geeignet, Parallelen zu dem Roman 1984 des britischen Schriftstellers George Orwell zu sehen.

Ein Bericht der britischen Daily Mail vom Montag zeigt aber, daß damit keineswegs das Ende des Weges Großbritanniens zu einem Überwachungsstaat markiert wird. Die britische Regierung hat nun Richtlinien für die Schulen des Landes veröffentlicht, die es diesen gestatten, jegliche biometrische Merkmale der Schüler zu sammeln. Diese Möglichkeiten gehen von Fingerabdrücken und Augenscans über Stimmaufzeichnungen, Gesichts- und Handformen und Handschriftsproben bis zum Anschlagsrhythmus auf einer Tastatur. Diese Daten sollen dann beispielsweise genutzt werden können, um die Anwesenheit der Kinder in der Klasse zu überprüfen. Die Kinder sollen so bargeldlos für ihr Schulessen zu bezahlen oder um Bücher aus der Schulbücherei ausleihen, ohne eine Büchereikarte vorlegen zu müssen.

Beamte der britischen Regierung beharren darauf, daß nicht die Daten selbst - also beispielsweise die Fingerabdrücke - sondern nur daraus abgeleitete, eindeutig zuordenbare "Zahlenkolonnen" gespeichert würden. Daher seien sie "nutzlos", sollten sie Dritten in die Hände fallen. Dies wird von Gegnern der Speicherung allerdings angezweifelt. Tatsächlich führt eine Speicherung von Fingerabdrücke in einem Computer zwangsläufig dazu, daß diese in "Zahlenkolonnen" umgewandelt werden, kennen Computer letztlich doch nur die beiden Zustände "0" und "1". Selbst wenn aus den Daten aber mittels eines Algorithmus' eine Prüfsumme gebildet werden sollte, so wäre es doch keineswegs unmöglich, bei Kenntnis des Algorithmus' einen Fingerabdruck zu fälschen, der das System täuschen könnte.

Über den von Kritikern befürchteten möglichen Mißbrauch der gespeicherten Daten durch Kriminelle hinaus birgt die Speicherung der biometrischen Daten von Millionen Schülern - schon jetzt haben Umfrage zufolge etwa 3.500 der insgesamt rund 25.500 Schulen in Großbritannien die entsprechenden Geräte gekauft - weitaus tiefgreifendere Gefahren.

Gemäß den von der "Britischen Behörde für Kommunikation und Technologie in der Bildung" ("British Educational Communications and Technology Agency", Becta) herausgegebenen Richtlinien brauchen die Schulen nicht die Zustimmung der Eltern einzuholen, um die biometrischen Daten der Kinder zu speichern. Wenn die Schüler "alt genug" - etwa 12 Jahre alt - sind, müssen die Eltern über diese Maßnahmen nicht einmal mehr informiert werden. Es reicht dann aus, wenn das Kind selbst informiert wird. Die Schulen dürfen die Daten nicht weitergeben und "sollten" sie vernichten, wenn ein Schüler die Schule verläßt, so die Richtlinien.

Nicht nur, daß auf diesem Weg im Laufe der kommenden Jahre biometrische Daten eines Großteils aller britischen Kinder - und damit zukünftig der gesamten Bevölkerung - erfaßt werden, den Kindern wird so auch von klein auf beigebracht, daß dies - und die damit einhergehenden staatlichen Kontrollmöglichkeiten - ein völlig normaler Vorgang sind. Wäre es trotz aller "Bedrohungen durch Terrorismus" sicherlich kaum möglich, sämtliche Bürger Großbritanniens zur Abgabe von Fingerabdrücken zu zwingen, ohne sich mit massiven Protesten auseinandersetzen zu müssen, so wird dieses Ziel auf diesem Weg langfristig sicherlich erreicht werden. An der Nutzung der Daten durch die Behörden - bei der "Bekämpfung von Terrorismus" - kann kaum ein Zweifel bestehen, wie die kürzlich eingeführte Nutzung jener Systeme, die vorgeblich ursprünglich nur zur Überwachung der "City-Maut" in der britischen Hauptstadt London aufgebaut wurden, zur "Bekämpfung von Terrorismus" belegt.

Es ist sicherlich bezeichnend, daß derart schwere Eingriffe in die informelle Selbstbestimmung mittlerweile möglich sind, ohne einen Aufschrei der Bevölkerung auszulösen - umso mehr, da die bisher genannten Anwendungsgebiete zweifellos auch vollständig mit Chipkarten und damit ohne die Erhebung biometrischer Daten lösbar wären.





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