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Blockadefolgen

Lage im Gaza-Streifen verschlechtert sich weiter

16.10.2007  






Ein Bericht des britischen Guardian vom Freitag zeigt, daß die Folgen der ständig verschärften israelischen Blockade des palästinensischen Gaza-Streifens für die dort lebenden Menschen immer dramatischer werden.

Während Israel behauptet, die Blockade - oder "Sanktionen" - werde genau dosiert, um katastrophale Zustände zu verhindern, sind die Folgen im Gaza-Streifen doch unübersehbar. "Keine humanitäre Krise im Gaza-Streifen - kein Hunger in den palästinensischen Gebieten" hieß es in einer Erklärung der israelischen Armee, die kürzlich internationalen Organisationen übergeben wurde.

Worte, die für den palästinensischen Ladenbesitzer Salah Sultan wie beißender Spott klingen müssen.

In seinem Geschäft finden sich derzeit sechs Dosen Sardinen, vier Flaschen Pflanzenöl, eine Packung Windeln, neun Packungen Waffeln und eine große Dose Trockenmilch. Die Packungen von Getreide und Hülsenfrüchten sind geöffnet und in kleinere Portionen aufgeteilt worden, um sie so für die Kunden bezahlbarer zu machen. Über der Tür ist ein Loch. wo früher ein Fernseher stand. Seine Kunden schulden ihm 5.000 Schekel (rund 875 Euro) - er seinen Lieferanten das Doppelte. "Ich habe schon so gut wie geschlossen und ich weiß wirklich nicht, wie lange ich noch weitermachen werde", sagte er. "Ohne den Laden könnte ich es mit Bügeln oder Taxifahren versuchen. Es liegt in Gottes Händen."

"Normalerweise zu dieser Zeit, vor Eid [dem Fest, das das Ende des Fastenmonats Ramadan markiert], sind meine Regale voller Lebensmittel und Geschenke, aber niemand hat Geld, um irgendetwas außer dem Lebensnotwendigen zu kaufen", so Sultan weiter.

Im vergangenen Monat faßte die Weltbank die Situation äußerst zurückhaltend in dem Satz "Gazas wirtschaftliches Rückgrat und die Überlebensfähigkeit des privaten Sektors laufen Gefahr zusammenzubrechen, wenn die derzeitige Situation ... anhält" zusammen. Demnach ist die industrielle Produktion im Gaza-Streifen allein in diesem Jahr um 90 Prozent zurückgegangen und die Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen um 50 Prozent.

Daß eine derartige Blockade vorrangig die ärmsten Teile der Bevölkerung trifft und in geringstem Maße die - warum auch immer - mißliebigen Regierenden, ist keineswegs ein neues Phänomen. Ein Blick in die jüngere Geschichte des Iraks, der ein Jahrzehnt lang auf Betreiben der USA schärfste Sanktionen zu erdulden hatte, zeigt nur zu deutlich, daß derlei Maßnahmen kaum geeignet sind, die Bevölkerung eines Landes zu einer beabsichtigen Entscheidung zu zwingen. Da nur zu offensichtlich ist, wer an der Situation die Schuld trägt, kann es kaum verwundern, daß die Bevölkerungen von derlei Sanktionen betroffener Länder im Gegenteil umso überzeugter in dem verantwortlichen Land den Gegner sehen.

"Es gibt ein zunehmendes Gefühl der Isolation und der Verzweiflung, das zu einem Zeitpunkt, da es im Friedensprozeß Bewegung zu geben scheint, wahrscheinlich zu einer Radikalisierung der Bevölkerung führen wird. Wie immer sind die verletzlichsten Teile der Gesellschaft jene, die durch die Sanktionen am härtesten getroffen werden", sagte Chris Gunness, Sprecher des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Mittleren Osten.

Palästinensichen Bauern wird es nicht nur verwehrt, ihre Erzeugnisse zu exportieren, auch der Import von Dünger und Pflanzenschutzmitteln wird ihnen durch Israel unmöglich gemacht, so daß die Möglichkeiten zur Produktion von Nahrungsmitteln im Gaza-Streifen zunehmend verschlechtert werden. Auch die Einfuhr beispielsweise von Ersatzteilen für Wasserpumpen wird durch Israel verhindert. Selbst der Import von Knopfzellenbatterien für Hörgeräte für die Hörgeschädigtenschule in Gaza wurde kürzlich seitens Israels verweigert, da diese vorgeblich auch zur Herstellung von Bomben verwendet werden könnten.

Tatsächlich wird die Menge an Lebensmitteln, die in den Gaza-Streifen eingeführt werden, durch Israel jede Woche weiter reduziert, um so den Druck auf die Bevölkerung zu erhöhen. Daß ein derartiges Vorgehen in klarem Widerspruch zu diversen völkerrechtlichen Regelungen steht, ist nur zu offensichtlich - auch wenn Israel zu den wenigen Staaten gehört, die sich bisher nicht dazu durchringen konnten, die Zusatzprotokolle zu den Genfer Konventionen von 1977 zu unterzeichnen.





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