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"Wir haben verloren"

Einschätzung der Lage der Besatzer in Afghanistan

26.10.2007  






Einem Bericht des britischen Daily Telegraph vom Donnerstag zufolge hat Jerome "Paddy" Ashdown, möglicher zukünftiger "Super-Botschafter" der Vereinten Nationen in Afghanistan, äußerst deutliche Worte für die derzeitige Lage der Besatzer dort gefunden.

"Wir haben verloren, glaube ich, und Erfolg ist jetzt unwahrscheinlich", sagte Ashdown im Vorfeld des NATO-Treffens in dem niederländischen Ort Noordwijk am Mittwoch.

"Ich glaube, in Afghanistan zu verlieren ist schlimmer, als im Irak zu verlieren. Es wird bedeuten, daß Pakistan fallen wird und es wird ernste interne Folgen für die Sicherheit unserer eigenen Länder haben und einen ausgeprägteren shiitisch-sunnitischen regionalen Krieg im großen Maßstab herbeiführen. Manche Leute sprechen von dem 1. und dem 2. Weltkrieg als europäischen Bürgerkriegen und ich glaube ein ähnlicher regionaler Bürgerkrieg könnte durch ein solches Versagen in gleichem Ausmaß ausgelöst werden", so Ashdown weiter.

So bemerkenswert seine erste Äußerung auch scheinen mag, so wird hier doch bereits deutlich, was er damit bezwecken wollte. Offenbar wollte er sich hiermit insbesondere als jener Kandidat für den Posten herausstellen, der nach Amtsantritt dafür sorgen würde, daß die seitens der USA und Großbritanniens immer lauter werdenden Forderungen nach stärkerem "Engagement" der anderen an der "Afghanistan-Mission" beteiligten Länder erfüllt würden - er also alles daran setzen würde, daß beispielsweise auch Deutschland sich noch aktiver als bisher direkt an Kampfhandlungen beteiligt und diese unterstützt.

Wie dringend diese Forderungen nach mehr "Unterstützung" sind, zeigt ein weiterer Artikel des Daily Telegraph vom Donnerstag. Demnach könnten die britischen Truppen in Afghanistan in naher Zukunft gezwungen sein, 20 private Transporthubschrauber zu mieten, um Material und Soldaten innerhalb des Landes zu transportieren. Forderungen an mehrere NATO-Länder, Berichten zufolge darunter auch Deutschland, entsprechende Maschinen zur Verfügung zu stellen, waren zuvor abgelehnt worden. Angesichts der Tatsache, daß offiziellen Angaben zufolge in Afghanistan erst 18 Militär-Hubschrauber der Besatzer durch Unfälle oder Feindeinwirkung zerstört worden sind, ist der Plan, 20 zivile Maschinen anzumieten, umso bemerkenswerter, nicht zuletzt auch, da offenbar weder die USA noch Großbritannien sich in der Lage sehen, weitere Maschinen zur Verfügung zu stellen.

Immerhin läßt dies kaum einen anderen Schluß zu, als daß entweder deutlich mehr Hubschrauber abgeschossen worden sind - wofür zahlreiche entsprechende Meldungen der Taliban sprächen - oder die Kämpfe mittlerweile derart eskaliert sind, daß eine dermaßen erhöhte Kapazität benötigt wird. Zwar finden sich immer wieder Meldungen, die auf verstärkte Kampfhandlungen schließen lassen, dieses Bild ergibt aber kaum einen so massiv gestiegenen Bedarf an Transporthubschraubern. Die in dem Artikel genannte Erklärung, aufgrund der "wachsenden Bedrohung durch Bomben auf den Straßen" wachse der Bedarf an Hubschraubern, eröffnet eine neue Frage - warum es praktisch keinerlei Berichte über die Folgen dieser "wachsenden Bedrohung" gibt. Müßte sich dies doch auch entsprechend in den Verlustmeldungen widerspiegeln. Daß diese Bomben vorgeblich "zunehmend aus dem Iran" stammen trägt kaum zur Glaubwürdigkeit der Aussage bei.

Es ist immer wieder erstaunlich, daß die US-geführte NATO nach wie vor glaubt - oder dies zumindest vorgibt - mit ihren weitaus geringeren Truppenzahlen in der Lage sei zu erreichen, was der Sowjet-Union niemals gelang - die komplette Unterwerfung Afghanistans.

Der zukünftige UN-"Super-Botschafter" soll Anfang des kommenden Jahres auch den amtierenden UN-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Tom Koenigs ablösen. Koenigs hatte erst im vergangenen Monat kritisiert, daß die Besatzungstruppen - insbesondere die deutsche Bundeswehr - sich nicht an der Zerstörung von Schlafmohnfeldern beteiligen.

Von Ashdown wäre eine derartige Kritik kaum zu erwarten. Nicht nur, daß er ein Verfechter des NATO-geführten Angriffskriegs gegen das damalige Jugoslawien war, von 2002 bis 2006 war er selbst Hoher Repräsentant den Vereinten Nationen für Bosnien und Herzegowina. Bereits ein Jahr nach seinem Amtsantritt wurde ihm aufgrund der Ausübung dieses Mandats ein "erstaunliches Verständnis demokratischer Politik" vorgeworfen.

Auch die anderen Kandidaten für das Amt des "UN-Super-Botschafters" in Afghanistan - der frühere deutsche Bundesaußenminister Joseph "Joschka" Fischer, der amtierende französische Außenminister und der erst kürzlich abgewählte polnische Premierminister Jaroslaw Kaczynski - sind kaum geeignet, Hoffnungen für die Zukunft Afghanistans zu wecken.





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