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Geld oder Leben

Klare Prioritäten beim US-Militär

01.08.2008  






Eine Pressemitteilung des US-Justizministeriums vom Montag zeigt einmal mehr überdeutlich die Prioritätensetzung der USA – nicht nur im Irak – auf.

Hinterbliebene von "versehentlich" von US-Soldaten getöteten Zivilisten erhalten im Irak "Entschädigungszahlungen", die angesichts ihrer Höhe von einigen hundert bis einigen tausend US-Dollar diese Bezeichnung ganz sicher nicht verdienen. Die US-Soldaten selbst, die für den Tod von Zivilisten verantwortlich sind – von ihren kommandierenden Offizieren gar nicht zu reden – werden zumeist gar nicht und wenn doch kaum im zu erwartenden Ausmaß belangt.

Im Februar dieses Jahres war ein US-Soldat zu einer Haftstrafe von 10 Jahren verurteilt worden, weil er einen unbewaffneten, am Boden liegenden Iraker erschossen hatte. Sein Vorgesetzter, der ihm hierzu den Befehl erteilt hatte, war zu einer Haftstrafe von gerade einmal 135 Tagen verurteilt worden. Im Mai war die ursprünglich auf 15 Jahre festgelegte Haftstrafe eines anderen US-Soldaten von dessem kommandierenden Offizier nachträglich um 4 Jahre reduziert worden. Auch dieser Soldat hatte einen wehrlosen, behinderten Mann erschossen, ohne daß dieser eine Bedrohung dargestellt hätte – vielmehr sollte offensichtlich ein "Erfolg" geschaffen werden. Und auch der US-Obergefreite Charles Graner, der so erfolgreich zum "Rädelsführer" der Folterungen von irakischen Gefangenen im US-geführten Gefängnis Abu Ghurayb bei Baghdad stilisiert worden ist, aber zweifellos vor allem ein Sündenbock ist, ist hierfür zu gerade einmal 10 Jahren Haft verurteilt worden. Im Januar des vergangenen Jahres war der US-Stabsgefreite Juston R. Graber zu einer Haftstrafe von 9 Monaten verurteilt worden. Er hatte in dem Verfahren selbst zugegeben, einen zuvor von anderen Soldaten angeschossenen Iraker erschossen zu haben.

Der Meldung des Justizministeriums zufolge hat sich nun Oberstleutnant Debra Harrison schuldig bekannt. Sie könnte daher nun zu einer Haftstrafe von bis zu 20 Jahren, anschließend dreijähriger Führungsaufsicht und einer Geldstrafe von bis zu 250.000 US-Dollar verurteilt werden. Bereits am 29. Januar des vergangenen Jahres war Robert Stein wegen Beteiligung an Harrisons Vergehen zu 9 Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 3,6 Millionen US-Dollar verurteilt worden. Zwei weitere Mittäter wurden zu Gefängnisstrafen von 46 beziehungsweise 21 Monaten und Geldstrafen von 3,6 Millionen beziehungsweise 144.500 US-Dollar verurteilt. Gegen drei weitere Angeklagte soll das Verfahren am 9. September beginnen.

Bei der Straftat Harrisons und ihrer "Mitverschwörer" handelte es sich allerdings keineswegs um die Ermordung oder auch nur Verletzung irakischer Zivilisten. Vielmehr hat sie ihrem Geständnis zufolge im August 2004 von einem Auftragnehmer der US-"Übergangsverwaltung" in der Region Süd-Zentral (Coalition Provisional Authority - South Central Region, CPA-SC), bei der sie zu jener Zeit beschäftigt war, einen Oberklasse-Geländewagen des Typs Cadillac Escalade erhalten. Außerdem hat sie über 300.000 US-Dollar aus der Kasse der CPA-SC abgezweigt und die Gelder unter anderem für Renovierungen an ihrem Haus verwendet. Darüber hinaus gestand sie, im Juli 2004 dabei geholfen zu haben, nicht registrierte Schußwaffen aus einem Hotel im US-Bundesstaat North Carolina zum Haus von Stein, der mit Harrison bei der CPA-SC arbeitete, zu transportieren. Entsprechend waren ihre Mittäter wegen Verschwörung, Bestechung, Geldwäsche und im Falle Steins wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt worden.

Bestechlichkeit in Tateinheit mit Unterschlagung sind nach Ansicht des US-Militärs also offenbar mindestens ebenso schwerwiegend wie die Ermordung unschuldiger und wehrloser irakischer Zivilisten. Dies ist umso bemerkenswerter, als die von Harrison unterschlagenen 300.000 US-Dollar angesichts von Erkenntnissen der CPA vom August 2004, denen zufolge schon zu jenem Zeitpunkt mindestens 8,8 Milliarden US-Dollar des "Entwicklungsfonds für den Irak" verschwunden waren, ein geradezu verschwindend geringer Betrag sind.

Zumindest die Frage, ob die US-Führung Geld oder Leben höher achtet, dürfte hierdurch ein weiteres Mal geklärt worden sein.





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