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Nachrichten, die man nicht überall findet.




Operation "Top Gun-Pilot G.W. Bush"

David Corn

http://www.thenation.com/capitalgames/index.mhtml?bid=3&pid=633





Ein oder zwei gewonnene Kriege verändern einen Mann.

Als die Kabelfernsehsender enthusiatisch über George W. Bushs Ausflug zur USS Abraham Lincoln - coole Militärtechnik, Männer in Uniformen, der Große Mann, und ein Hauch eines was-kann-schon-schiefgehen-Dramas - berichteten, gab es viele Verweise auf Bushs Zeit bei der Texas Air National Guard, als er F-102 Kampfjets flog. (Nun, mehr oder weniger, aber dazu kommen wir später.) Auf MSNBC merkte der Korrespondent George Lewis an, daß Bush mit seiner Fanghaken-Landung auf dem Flugzeugträger [eine andere Möglichkeit auf einem Flugzeugträger mit einem Jet zu landen existiert gar nicht] zu "einem der Soldaten" an Bord wurde. Er fügte nicht hinzu 'nur 25 Jahre später'. Weder Lewis noch irgendein anderer Fernsehjournalist (die ich gesehen habe), die über dieses Spektakel berichteten, erwähnten Bushs leicht befleckte (um es höflich auszudrücken) Akte bei der National Guard.

Wer von euch die 2000er [Wahl-]Kampagne verfolgt hat, kennt vielleicht schon die Geschichte über Bushs Dienst - oder Nicht-Dienst - bei der Guard. Sie erfuhr einige, aber nicht viel Berichterstattung. Nicht so viel wie Al Gores nicht-ganz-wahre Bemerkung über die Kosten der Medikamente für den Hund von Tippers [Gore] Mutter. Bush versuchte den Fragen betüglich seiner Militärzeit auszuweichen und gab zweifelhafte Erklärungen. Hier eine kurze Zusammenfassung:

Wie er in die Guard kam.
Sich freiwillig bei der Guard zu melden war eine Möglichkeit, nicht eingezogen und nach Vietnam geschickt zu werden. Meldete Bush sich deshalb? Während der Kampagne sagte Bush nein. In 1994 hatte er allerdings gesagt "Ich war nicht bereit, mir mein Trommelfell mit einer Schrotflinte wegzuschiessen un untauglich zu werden. Und nach Kanada wollte ich auch nicht. Also entschied ich mich, Fliegen zu lernen." Das hört sich ganz entschieden nach jemand an, der die Einberufung vermeiden und sich gleichzeitig weiterbilden will. Es war damals nicht einfach, einen Platz in der Guard zu bekommen - aus dem offensichtlichen Grund: um ihrem Überlebensinstinkt zu gehorchen. (Denkt nur an Dan Quayle.) Bush, dessen Vater zu der Zeit Kongressabgeordneter von Houston war, sagt, er wären keine Fäden für ihn gezogen worden. In 1999 erzählte der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses von Texas der New York Times, daß ein mit Bushs Vater befreundeter texanischer Ölmagnatihn gebeten hatte, den Weg für George W. zu ebnen und daß er dies auch getan habe.

Was Bush in der Guard getan hat.
In Bushs Autobiographie "A Charge To Keep" schrieb er, daß er die Pilotenausbildung 1970 beendete und "danach noch mehrere Jahre mit meiner Einheit flog". Im Jahr 2000 gelangte der Boston Globe aber an Kopien von Bushs Militärakten und entdeckte, daß Bush in seinen letzten 18 Dienstmonaten in 1972 und 1973 mit dem Fliegen aufgehört hatte. Noch seltsamer war, daß Bush sich für eine lange Zeit gar nicht zum Dienst gemeldet hatte. War der spätere Oberste Befehlshaber unerlaubt der Truppe ferngeblieben?

Im Mai 1972, als er noch zwei Jahre seiner sechsjährigen Verpflichtung zur Garde abzuleisten hatte, zog Bush nach Alabama, um dort einen Senatswahlkampf zu führen. Er bat, seinen Guard-Dienst dort ableisten zu dürfen. Dieser Sohn-eines-Kongressmitglieds und Kampfpilot bekam die Genehmigung, eine "gleichwertige Ausbildung" bei einer Einheit ohne Flugzeuge und ohne Piloten zu machen. Die national Air Reserve hat die Versetzung dann verboten. Monatelang tat Bush nichts für die Guard. Im September 1972 bekam er die Genehmigung, mit einer Einheit in Montgomery zu üben. Aber der Kommandeur der Einheit und der leitende Offizier sagten gegenüber dem Boston Globe, sie könnten sich nicht daran erinnern, daß Bush sich je zum Dienst gemeldet habe. Und als Bush nach der Wahl im November nach Texas zurückkehrte. kehrte er seinen Militärakten zufolge für Monate nicht zu seiner Einheit zurück. Sein jährlicher Leistungsbericht, datiert auf den 2. Mai 1973, vermerkte, daß er im vergangenen Jahr "nicht bei der Einheit gesehen worden" war. Im Mai, Juni und Juli des Jahres leistete er 36 Tage Dienst. Und dann, als er auf dem Weg zur Harvard Business School war, bekam er die Erlaubnis, seinen Dienst bei der Guard früher zu beenden.

Den Akten ist zu entnehmen, daß Bush über ein Jahr bei der Guard gefehlt hat. (Und während der Zeit hat er auch eine jährliche Untersuchung verpaßt und seine Flugerlaubnis verloren.) Ein Wahlkampfsprecher sagte, Bush würde sich erinnern, In Alabama Dienst getan zu haben und dann "nach Houston zurückgekommen zu sein und dort Dienst geleistet zu haben". Aber Bush hat hierfür nie Beweise beigebracht. Als ein Reporter in fragte, ob er sich erinnere, was für Arbeit er in Alabama getan hätte, antwortete er "Nein, das tue ich wirklich nicht." Vermutlich hat er das System ausgetrickst und ein Jahr Dienst vermieden und sich dann ein Jahr vor Ende seiner Dienstzeit aus der Guard herausgewunden. Anscheinend hat er nur vier und nicht sechs Jahre abgeleistet.

Als er sich bei der Texas Air Guard einschrieb, verpflichtete er sich, seine Pilotenausbildung zu beenden und dann zu seiner "Einheit zurückzukehren und meine Verpflichtungen bestmöglichst zu erfüllen." Statt dessen bekam er seine Flugausbildung - auf Kosten der Regierung - und verließ dann seine Einheit. Er war nicht ehrlich zur Guard. Er hatte seine Verpflichtung nicht eingehalten.

Aber das war damals. Nach dem 11.9., nach Afghanistan, nach Irak - und vor wer-weiß-was-sonst-noch - wurde Bush ein Mann ohne Vergangenheit. Er ist ein Anderer, soviel ist sicher, und die Uniform des Obersten Befehlshabers ist ihm jetzt wesentlich bequemer als vor den Einschlägen der Flugzeuge in das World Trade Center und das Pentagon. Aber wäre Bill Clinton - selbst in einer ähnlichen Situation - damit durchgekommen, für eine Photosession mit einer S3-B eine Spritztour auf einen Flugzeugträger zu machen ohne daß die Kommentatoren die Zuschauer daran erinnert hätten, wie er sich vor der Einberufung gedrückt hat?

Bush sah ziemlich heldenhaft aus - so Tom-Cruise-mäßig - als er im Pilotenanzug aus der Maschine kam und über das Flugdeck schritt. Was für eine Bildsprache. Die ganze Reise drehte sich nur um Bildsprache. Er flog zur Lincoln[!] um zu verkünden, daß die Hauptkampfhandlungen vorüber sind. Was für eine Nachricht. Wer wußte es nicht? Und er hätte diese Mitteilung nicht aus Washington abgeben können? Bush hatte nicht einmal vor, den Krieg offiziell für beendet zu erklären, denn dann wären Regelungen der Genfer Konventionen aktiv geworden, die die Vereinigten Staaten zu einigen Schritten gezwungen hätten, beispielsweise der Freilassung Kriegsgefangener. Also was sollte das? Könnte es sein, daß man kostenlose Sendezeit zu einer Zeit mit den höchsten Einschaltquoten der ganzen Woche haben wollte? Bushs Kommunikationsbeamte planten seine Ansprache auf der Lincoln für exakt die Zeit, zu der üblicherweise auf CBS CSI und auf NBC Will&Grace läuft. Letzte Woche sahen 43 Millionen Zuschauer die beiden Sendungen. Bushs Primetime einer-gegen-einen Sendung mit Tom Brokaw Anfang der Woche erzielte nur 9 Millionen Zuschauer und unterlag damit einer Wiederholung von America's Funniest Home Videos über Hunde. (Ein Dankeschön an Lisa de Moraes, Fernsehkolumnistin der Washington Post für diesen Hinweis.)

War das ganze also nur ein Wahlkampftrick? Nee, Bush und Karl Rove würden niemals das Geld der Steuerzahler verschwenden und einen Krieg, der das Leben von 128 Amerikanern - und Tausender Iraker - gefordert hat, für einen politischen Vorteil ausschlachten. Und Bush hat ehrenvoll in der National Guard gedient.








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