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GM-Lebensmittel geschaffen um die Reichen zu ernähren, nicht die Welt
10.07.2003


Dr Gyorgy Scrinis

http://www.smh.com.au/articles/2003/07/09/1057430279267.html







Die öffentliche Ablehnung genveränderter Nahrungsmittel ist ein Bremsklotz bei der Kommerzialisierung genveränderter Planzen und Tiere gewesen. Die Agri-Biotech-Industrie hofft, mit genveränderten Lebensmitteln mit "benutzerfreundlichen" Merkmalen diese Ablehnung überwinden zu können.

Aber sie haben auch große Werbekampagnen laufen lassen, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß genveränderte Nahrungsmittel notwendig seien, um "die Welt zu ernähren". Das ist die Art vorhersehbarer Argumente, die auf dem Internationalen Kongreß für Genetik in Melbourne verbreitet werden.

In Wahrheit werden die Gentechnologien größtenteils zu benutzt, die Macht und die Profite der Agrar-Nahrungs-Unternehmen zu vergrößern und es ist wahrscheinlicher, daß sie die Probleme weitverbreiteten Hungers und Unterernährung in der Dritten Welt noch verschlimmern als sie zu lindern.

Genveränderte Produkte sind vorrangig darauf hin entwickelt, in ein groß angelegtes, chemieintensives, mechanisiertes und kapitalintensives Landwirtschaftssystem zu passen. Beispielsweise die Herstellung nicht weich werdender Früchte für einen langen Transportweg, damit wohlhabende Konsumenten das ganze Jahr über mit Früchten versorgt werden können.

Gentechnologien begünstigen auch die schnelle Integration von Firmen und die Konzentrierung des Nahrungssystems, denn eine handvoll Unternehmen sind dabei, jeden Zwischenschritt des weltweiten Lebensmittelsystems in ihren Besitz und unter ihre Kontrolle zu bringen. Eine Strategie für diese monopolistische Kontrolle ist die Patentierung genveränderter Pflanzen, um zu verhindern, daß Bauern ihr eigenen Saatgut aufheben und wieder aussäen.

Insgesamt erleichtern Gentechnologien einen Wechsel von einer chemisch-industriellen zu einer, die ich "genetisch-unternehmerisch" nenne, Landwirtschaft - und dieses Nahrungssystem untergräbt die Nahrungssicherheit der Armen und Unterernährten der Welt.

Weitverbreiteter Hunger existiert schon heute, angesichts eines weltweiten Nahrungsüberschusses. Das ist eine der bösartigsten Ironien unserer heutigen Zeit. Die meisten Länder mit den größten Vorfällen von Armut und Hunger sind Netto-Exporteure von Nahrungsmitteln. Der Anbau von mehr Nahrungsmitteln kann tatsächlich die Nahrungsmittelunsicherheit für die Ärmsten der Welt verschlimmern, je nachdem, wie, wo und von wem die Nahrungsmittel produziert werden.

Genetisch veränderte Pflanzen und Tiere bedrohen die Nahrungsmittelsicherheit der Armen auf mehrere Arten. Erstens ermöglichen sie in dem Ausmaß, wie sie großen, chemisch-industriellen Bauern erlauben, ihre Produktivität oder ihre Profitabilität zu erhöhen, durch diesen Wettbewerbsvorteil das Herausdrängen von Kleinbauern.

Zweitens könnten genveränderte Pflanzen zu einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen in armen ländlichen Gegenden führen, indem mehr Menschen ersetzende Technologien eingesetzt werden.

Drittens wollen die Agri-Nahrungs-Unternehmen durch die Sterilisation ihrer Ernten und den Aufkauf kleinerer Saatgutunternehmen die Verfügbarkeit von nicht patentierten und sich selbst reproduzierenden Saatgütern verhindern.

Verfechter genveränderter Pflanzen haben die Schaffung einer Reissorte, die reich an Vitamin A ist (der sogenannte "goldene Reis") als ein Beispiel einer Pflanze gefeiert, die - wenn sie in einem Jahrzehnt oder so frei verfügbar ist - helfen wird, die Unterernährung in der Dritten Welt zu lindern. Dies ist ein atemberaubendes Beispiel dessen, was ich "Ideologie der genetischen Präzision" nenne.

Diese Argumente fördern die Vorstellung, daß Unterernährung das Ergebnis ernährungstechnisch minderwertiger Nahrungsmittel ist und durch die Veränderung der Ernährungswerte dieser Nahrungsmittel gelindert werden könnte und nicht die Folge einer mangelhaften Verfügbarkeit einer angemessenen und reichhaltigen Ernährung.

Das soll nicht bestreiten, daß Gentechnologien dazu verwendet werden könnten, traditionelle Pflanzen so zu verändern, daß sie kleinen, kapitalarmen Bauern nützen. Aber das hieße, das Gesamtbild hinsichtlich der vorrangigen Richtung der Genforschung und der vorrangigen Gründe für Hunger und Unterernährung außer Acht zu lassen.

Was wirklich nötig ist, ist eine Umverteilung fruchtbaren Landes, von Einkommen und von wirtschaftlicher Macht und nicht der Zugang zu genetisch veränderten Produkten.

In der Vorstellung, daß genveränderte Pflanzen "die Welt ernähren" würden oder daß die Armen durch uns ernährt werden müßten, liegt eine obszöne Arroganz. Denn in Wirklichkeit werden arme Menschen und Gemeinschaften überall auf der Welt sich entweder selbst ernähren oder niemand ernähren.

Genetisch-unternehmerische Landwirtschaft ist tatsächlich ein System, um sich durch die Welt zu ernähren und nicht, die Welt zu ernähren. Es ist ein System, durch das Unternehmen und wohlhabende Konsumenten sich durch die Nahrung, die billige Arbeit und andere ausnutzbare Ressourcen der Dritten Welt ernähren, durch das große industrielle Produzenten kleinere und am Existenzminimum arbeitende Produzenten und ländliche Gemeinschaften zerstören und ersetzen, und es geht dabei um länderübergreifende Agri-Nahrungs-Unternehmen, die sich von der Arbeit von Bauern ernähren, indem sie die Saaten und das Wissen aufsaugen und patentieren, die von traditionellen Bauern in tausenden von Jahren entwickelt worden sind.




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