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Wenn es nachts im Irak an der Tür klopft
10.07.2003









In einem Artikel berichtete die Londoner Times am Mittwoch über die steigende Zahl der Verhaftungen im Irak.

In den letzten Wochen ist die Anzahl von Berichten, daß irakische Männer, Frauen und auch Kinder nachts von amerikanischen Patrouillen in ihren Wohnungen oder auf der Straße verhaftet und gefesselt und mit verbundenen Augen in eines der Gefangenenlager gebracht werden, angestiegen.

Sogar 11-jährige Kinder sollen sich unter den Gefangenen befinden, die in den Lagern unter Bedingungen leben müssen, die von Amnesty International schon kritisiert worden sind.

Jeden Tag kommen Menschen zum ehemals berüchtigten Gefängnis Abu Ghurayb, wo sich jetzt neben dem "Camp Cropper" beim Flughafen Baghdads das zweite zentrale Gefangenenlager befindet, um Informationen über verhaftete Angehörige zu erhalten.

Als Antwort zeigen die amerikanischen Wachen auf ein Pappschild, das an dem Stacheldraht hängt und auf dem steht "Keine Besuche erlaubt, Informationen werden nicht gegeben und Du mußt weggehen."

Manche fallen wie Ghania Hassan vor Verzweiflung auf die Knie. Sie zeigt ein Photo ihres ältesten Sohnes Mohammed Yasim Mohammed. Als sie mit ihm und Freunden auf dem al-Shaab-Markt entlangging sahen vorbeikommende Soldaten, wie er Kekse aus einem amerikanischen Verpflegungspaket aß. Sie beschuldigten ihn ein Plünderer zu sein und er mußte sich mit dem Gesicht auf den Boden legen während seine Freunde erfolglos versuchten zu erklären, daß er die Kekse von einem Soldaten ein paar Straßen weiter bekommen hatte.

Seit einem Monat ist nichts über ihn bekannt. Seine Mutter zeigte eine ganze Hand voller Briefe und Bittgesuche von US-Beamten, örtlichen Beamten und moslemischen Geistlichen, die aber alle von Soldaten mit vorgehaltener Waffe von dem Gefängnis weggeschickt worden waren.

Derartige Vorfälle sprechen sich innerhalb der irakischen Bevölkerung herum und sorgen zu einem weiteren Anstieg der Feindseligkeit gegenüber den Besatzern.

Elizabeth Hodgkin von Amnesty International sagte: "Ich kann nicht glauben, daß die Amerikaner so dumm und unsensibel sind, sich so zu benehmen, nach all dem Ärger, denn sie wegen Guantanamo Bay hatten."

Nach AI-Berichten befinden sich mindestens 80 Minderjährige in US-Gefangenschaft, unter anderem verhaftet wegen "Vergehen" wie dem Schreiben von antiamerikanischen Graffitis.

Der 11-jährige Sufiyan Abd al-Ghani befand sich am 27. Mai mit seinem Onkel in einem Auto, als dieses in der Nähe seines Hauses kurz nach 22:00 Uhr angehalten wurde. Als sein Vater einen Tumult hörte und nach draußen kam, sah er seinen Sohn mit dem Gesicht auf dem Boden liegen und einen Soldaten, der ihm die Mündung seines Gewehrs ins Genick preßte. US-Offiziere brüllten, daß jemand auf sie geschossen hatte.

Während über 100 Soldaten in der Gegend Häuser und Autos durchsuchten, mußte Sufiyan drei Stunden lang auf dem Boden liegen bleiben. Dann wurde er mit auf den Rücken gefesselten Händen und dem üblichen Sack auf dem Kopf weggebracht. Es waren keine Waffen gefunden worden.

Die Nacht mußte er gefesselt in einem kleinen Raum ohne Dach verbringen. Am nächsten Tag wurde er zu dem Gefangenenlager am Flughafen gebracht, wo er sich die nächsten acht Tage ein Zelt mit 22 Erwachsenen teilen mußte. Dort mußte er auf dem Boden schlafen und hatte keine Möglichkeit, sich zu waschen oder die Kleidung zu wechseln.

Eines Morgens wurde er wieder gefesselt, der Stoffsack über seinen Kopf gezogen und ins Sarhiyeh-Gefängnis gebracht, wo er sich seine Zelle mit 20 anderen Jugendlichen im Alter von 15 oder 16 Jahren teilen mußte.

Eine Gefangene schrieb sich seine Daten auf und informierte nach ihrer Entlassung seine Familie. Am 21. Juni, fast einen Monat nach seiner Verhaftung, erließ ein Richter eine Anordnung, daß der Junge freigelassen werden sollte. Die Soldaten im Gefängnis sagten der Familie aber, daß die Unterschrift eines irakischen Richters jetzt keine Gültigkeit mehr hatte. Selbst die Forderung eines amerikanischen Anwalts hatte keine Wirkung, bis er persönlich vor dem Gefängnis erschien.

Vor dem Gefängnis Abu Ghurayb sagte der 38-jährige Adnan Akhjan, dessen 58 Jahre alter Vater vor drei Wochen verhaftet worden war, weil der Lastwagen, den er fuhr, keine Türen und keine Scheinwerfer hatte: "Es macht die Leute so krank, was passiert, daß sie davon sprechen, daß sie sich Saddam zurückwünschen. Wie schlimm müssen die Amerikaner sein, daß wir uns nach drei Monaten dieses Monster zurückwünschen?"




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