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"Was ist das für eine Strafe?"
14.07.2003









Die zu lebenslänglicher Haft verurteile Mörderin Susan Smith hat auf der Website WriteAPrisoner, die Briefkontakte zu Gefangenen vermittelt, eine Anzeige geschaltet, in der sie Briefkontakte sucht.

Das hat in den USA zu ziemlich großer Entrüstung geführt. Smith hatte 1994 ihre beiden 3 Jahre und 14 Monate alten Kinder getötet und mehrere Tage lang behauptet, ein Schwarzer hätte das Auto mit den Kindern entführt. Als sie schließlich die Tat gestanden hatte, schlug ihr landesweit eine Welle von Haß entgegen.

Auch heute noch erzeugt der Name Susan Smith starke Gefühle.

So zeigte sich beispielsweise der stellvertretende Staatsanwalt von Richland County, David Pascoe, sehr erregt: "Sie sollte niemals in die Gesellschaft integriert werden. Sie sollte für den Rest ihres Lebens hinter Gittern bleiben für das, was sie getan hat."

Und er hat auch eine klare Vorstellung, wie ein Justizsystem funktionieren sollte. "Wenn jemand hinter Gittern ist, insbesondere wegen Mordes verurteilt, sollen sie für das, was sie getan haben, bestraft werden. Was ist das für eine Strafe, wenn sie Beziehungen hinter Gittern haben, wenn sie Brieffreunde haben? Was ist das für eine Strafe?"

Im Jahr 2000 hatte eine Gefängniswärter zugegeben, eine Affäre mit Smith gehabt zu haben.

Der Direktor der Haftanstalt, in der Smith einsitzt, Jon Ozmint, widersprach am Freitag anfänglichen Gerüchten, daß das Inserat möglicherweise nur ein Witz eines Unbekannten ist. Sie habe für die Anzeige mit einem Scheck ihres Kontos bei der Gefängnisbehörde von South Carolina bezahlt. Gefangene in den USA arbeiten häufig innerhalb der Gefängnisse für amerikanische Unternehmen. Hierfür erhalten sie allerdings nur einen Bruchteil des üblichen Lohns, von dem darüber hinaus noch der größte Teil vom Staat einbehalten wird.

Ein Sprecher der Website WrieAPrisoner, Jason Roberts, sagte, man wolle Smith bitten, die Annonce zurückzuziehen, werde sie aber nicht von sich aus löschen.

Smith war zu einer lebenslänglichen Haftstrafe statt zum Tod verurteilt worden, weil ihre eigene Geschichte sich strafmildernd ausgewirkt hatten - möglicherweise war darüber hinaus aber auch ihre Hautfarbe hilfreich. Bei Farbigen Angeklagten ist die Wahrscheinlichkeit, zum Tode verurteilt zu werden, wesentlich höher.

Zwischen ihren Eltern kam es häufig zu Streitigkeiten, bei denen ihr alkoholkranker Vater Harry gewalttätig wurde und drohte, ihre Mutter Linda und dann sich selbst zu töten, trotzdem hatte Susan aber eine intensive Bindung zu ihrem Vater.

Die Streitigkeiten zwischen ihren Eltern ängstigten Susan ebenso wie ihre Brüder Scotty und Michael. Michael, der aus einer Beziehung ihrer Mutter vor der Heirat mit Harry stammte, versuchte im Alter von 15 Jahren, bevor Susan in die Vorschule kam, Selbstmord zu begehen, indem er sich erhängte.

Während Susans Kindheit wurde Michael in mehreren Einrichtungen behandelt. Die Mutter einer Spielkameradin Susans beschrieb sie als "ungewöhnlich und traurig."

Als Susan 6 Jahre alt war ließen sich ihre Eltern scheiden. Ich Vater steigerte seinen Alkoholkonsum noch weiter und beging 5 Wochen nach der amtlichen Scheidung Selbstmord, indem er sich mit einem Gewehr in den Bauch schoß.

Zwei Wochen nach der Scheidung hatte ihre Mutter einen anderen Mann geheiratet, Beverly (Bev) Russell, einen Geschäftsmann.

Als Susan 15 Jahre alt war, begann Bev, sie sexuell zu mißbrauchen, was sie auch zur Anzeige brachte. Susan wurde durch die Familie beschuldigt, an den Vorfällen ebenso die Schuld zu tragen wie ihr Stiefvater und sie zog die Anzeige zurück. Ihr Stiefvater ist nie verurteilt worden.

Im Alter von 17 Jahren hatte sie eine Beziehung zu einem verheirateten älteren Mann, von dem sie schwanger wurde. Gleichzeitig hatte sie eine weitere Beziehung zu einem Arbeitskollegen. Nach der Abtreibung erfuhren die beiden Männer von einander und trennten sich von ihr, was sie in eine tiefe Depression stürzte. Einige Wochen später versuchte sie, mit Tabletten Selbstmord zu begehen.

Während ihres darauf folgenden Krankenhausaufenthaltes fanden die Ärzte heraus, daß Susan bereits im Alter von 13 Jahren versucht hatte, sich mit Tabletten das Leben zu nehmen.

Als sie 19 Jahre alt war, begann sie sich mit David, ihrem späteren Ehemann, zu treffen, der zu der Zeit noch eine weitere Beziehung hatte, die aber beendet wurde, als Susan schwanger wurde. Einen Monat später heirateten sie.

Die Ehe verlief nicht gut und beide hatten in den folgenden Jahren außereheliche Beziehungen und lebten mehrere Male getrennt. Drei Jahre nach der Hochzeit und ein Jahr nach der Geburt ihres zweiten Sohnes ließen sie sich scheiden.

Susan hatte sich zu dem Zeitpunkt schon seit längerem mit Tom Findlay, dem Sohn ihres wohlhabenden Arbeitgebers, wo sie als Buchhalterin arbeitete, getroffen und hoffte, hieraus würde eine langfristige Beziehung entstehen.

In einem Brief machte er ihr aber schließlich klar, daß eine langfristige Beziehung mit ihr für ihn nicht in Frage komme, da sie bereits Kinder von einem anderen Mann hatte.

Mehrere Versuche Susans, Findlay von einer Fortsetzung der Beziehung scheiterten und nach einem letzten fehlgeschlagenen Gespräch sagte sie gegenüber einer Arbeitskollegin daß sie "vielleicht einfach Schluß macht."

Am gleichen Abend starben ihre Kinder in ihrem Auto, daß sie in einen See fahren ließ.

In ihrem Geständnis sagte sie, daß sie Selbstmord begehen wollte und ihre Kinder ebenfalls töten wollte, da sie glaubte, ihren Kindern ginge es bei ihr und Gott besser. Sie fuhr an einen See und auf einen Bootssteg und unternahm drei Versuche, das Auto ins Wasser rollen zu lassen, die sie jedesmal abbrach. Schließlich sei sie ausgestiegen und habe in ihrer Stimmung von Trauer, Einsamkeit und Schmerz in das Auto gegriffen und die Handbremse gelöst, so daß das Auto in den See fuhr.

Berichte über den Fall stellten sie regelmäßig als berechnende Mutter dar, die ihre Kinder getötet hat, um ihre Beziehung zu einem wohlhabenden Mann weiterführen zu können. Diese Berichterstattung dürfte auch mit ausschlaggebend für den ihr entgegengebrachten Haß sein.

Angesichts ihrer Vorgeschichte erscheint ihre Darstellung, daß sie sich in einer emotionalen Ausnahmesituation befand und Selbstmord begehen wollte, zumindest ebenso wahrscheinlich.

Und daß ausgerechnet ihre Annonce zu einer derartigen Empörung führt ist alles andere als verhältnismäßig. Viele der Gefangenen, die bei WriteAPrisoner Briefkontakte suchen, sind wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden und mehrere sind sogar zum Tode verurteilt worden.

Ganz abgesehen davon steht allen Gefangenen durch amerikanische und internationale Gesetze wie auch aus dem Recht auf eine menschliche Behandlung die Möglichkeit zu, mit Menschen außerhalb der Gefängnisse zu kommunizieren

Nachtrag: am 21. Juli veröffentlichte die Website WriteAPrisoner einen Brief von Susan Smith, in dem sie darum bat, die Annonce von der Website zu entfernen und sich für die entstandenen "Unannehmlichkeiten" entschuldigte, bedankte sich aber ausdrücklich bei dem Unternehmen für die gebotene Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen.




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