Der britische Evening Standard berichtete am Donnerstag, daß amerikanische Soldaten zugegeben haben, regelmäßig irakische Zivilisten zu erschießen. Die Soldaten sagten, sie hätten Zivilisten ohne zu zögern getötet, verletzte Gegner erschossen oder diese zum Sterben einfach liegengelassen. In den von dem Journalisten Bob Graham im Irak geführten Interviews mit US-Soldaten sprechen die Soldaten eine sehr deutlich Sprache, eine Sprache, die erste Erinnerungen an Vorgänge in Vietnam weckt und die schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen scheint. Und sie erzählen von Taten, die ganz sicher nicht dazu beitragen werden, daß die Iraker sich mit der Besatzung abfinden und den Widerstand einstellen werden. Feldwebel John Meadows machte klar, daß er keinen Unterschied zwischen irakischen Soldaten und Zivilisten sah: "Man kann nicht unterscheiden, wer einen umbringen will und wer nicht. Der einzige Weg, durch diese Scheiße durchzukommen ist, sich darauf zu konzentrieren, so viele Leute wie möglich umzubringen, Leute, von denen man weiß, daß sie einen umbringen wollen. Sie zuerst zu töten und nach Hause zu kommen." Graham berichtet, daß über 40 Soldaten der Bravo Company of the 3/15th US Infantry Division seit dem 1. Mai durch Angriffe getötet worden sind. Ein einzelner irakischer Scharfschütze mit dem Spitznamen "der Jäger" allein soll diese Woche sein sechstes Opfer in einem Vorort Baghdads gefunden haben. Der Mann, von dem angenommen wird, daß er ein ehemaliges Mitglied der Spezialeinheit der Republikanischen Garden ist, entwickelt bei den Irakern einen Kultstatus. Ein Anwohner, Assad al Amari, sagte: "Er kämpft auf sich allein gestellt für den Irak. Es wird noch viel mehr getötete Amerikaner geben, denn sie können den Jäger nicht aufhalten. Leute werden ihm Schutz gewähren und ihn ihre Häuser für seine Angriffe benutzen lassen." Graham sprach in Fallujah, der Stadt, in der 18 Demonstranten von US-Soldaten erschossen worden sind, mit den Soldaten und sich jetzt einer ständigen Bedrohung durch Racheakte gegenüber sehen. Unteroffizier Michael Richardson (22) sagte: "Es gab kein Dilemma, als es darum ging, auf Menschen zu schießen, die keine Uniform trugen, ich betätigte einfach den Abzug. Es war die ganze Zeit von Angesicht zu Angesicht, es gab keine große Entfernung. Wenn sie da waren, waren sie Feinde, egal ob mit oder ohne Uniform." Anthony Castillo fügte hinzu: "Wenn da Zivilisten waren, erledigten wir die Aufgabe, die getan werden mußte. Wenn sie da waren, waren sie am falschen Ort, also wurden sie als Feinde angesehen." Meadows sagte: "Das schlimmste ist, einen anzuschießen und ihm dann zu helfen." Feldwebel Adrian Pedro Quinones stimmte ihm zu: "In der Situation bist du wütend, du bist rasend. Sie haben gerade auf meine Männer geschossen - sie haben meine Jungs in eine Kiste zwei Meter tief gesteckt, daß war's, was sie versucht haben. Und jetzt liegen sie da und ich muß ihnen helfen, ich bin dafür verantwortlich, daß meine Männer ihnen helfen." Richardson meinte dazu: "Scheiße, ich habe keinem von denen geholfen. Ich würde den Arschlöchern nie helfen. Einige ließ man sterben. Und bei einigen hat man nachgeholfen." Er fuhr fort: "Wenn man das Aufgabenziel erreicht hatte und sie angeschossen hatte und sich weiterbewegte und da etwas war, schoß man nochmal. Man wollte keine Kriegsgefangenen. Man haßt sie beim Kämpfen so sehr und man ist so erschrocken, man kann das Gefühl nicht erklären, aber man will nicht, daß sie leben." Die Soldaten erzählten, wie sie Zivilisten an Straßensperren erschossen haben. Meadows sagte: "Wenn sie weiße Fahnen hatten sollten wir sie in 400 Meter Entfernung anhalten, sich ausziehen lassen und sie dann durchführen. Wir wußten von anderen, die Probleme mit Irakern hatten, die weiße Fahnen trugen und dann das Feuer auf unsere Jungs eröffneten. Wir kannten jeden Trick, den sie versuchten. Dann haben sie Autos benutzt um auf uns zuzufahren. Sie waren Männer, Frauen und Kinder. An dem Tag haben wir auf viele Autos geschossen." Obwohl es keinerlei Beweise für eine Beteiligung des Iraks an den Anschlägen des 11. September gibt, sehen viele Soldaten dies anscheinend anders. Michael Richardson sagte dazu: "Ein Bild vom World Trade Center hängt über meinem Bett und ein anderes trage ich in meiner schußsicheren Weste. Immer, wenn ich Mitleid mit diesen Menschen habe, sehe ich es mir an. Ich denke mir ‚Sie haben uns zuhause getroffen und jetzt sind wir dran.' Ich will nicht Rache sagen, aber, naja, es hat schon ziemlich viel mit Rache zu tun." Im Hinblick auf die steigende Zahl von Guerillaangriffen auf die US-Soldaten dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis es zu noch weitaus größeren Übergriffen kommt. |