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Wie wir dem Mittleren Osten die Demokratie verweigerten
11.11.2003


Robert Fisk

http://news.independent.co.uk/world/fisk/story.jsp?story=461603







Wir schufen diesen Ort, päppelten die grotesken Diktatoren auf. Und wir erwarten von den Arabern, daß sie Bushs Versprechen glauben?

Es wird immer eigenartiger. Während seine Hubschrauber vom Himmel des Iraks fallen, sagt uns Präsident Bush, daß es immer besser wird. Je mehr Erfolg wir haben, sagt er, um so tödlicher werden die Angriffe werden. Gott sei Dank haben die Amerikaner jetzt einige wenige - sehr wenige - mutige Journalisten, beispielsweise Maureen Dowd, um zu erklären, was passiert.

Um so schlechter es ist, desto besser wird es. Der irakische Informationsminister während des Krieges, "Comical Ali", hatte keine Einwände gegen diese Behauptung; er behauptete, die Amerikaner wären nicht in Baghdad, als wir ihre Panzer sehen konnten. Bush behauptet, er würde die Demokratie im Mittleren Osten einführen, während sich seine Soldaten im Irak mehr als nur Widerstand gegenüber sehen. Sie sehen sich einem Aufstand gegenüber. Wir wollen also mal einen Blick auf die neusten Lügen werfen. "60 Jahre, die westliche Nationen den Mangel an Freiheit im Mittleren Osten entschuldigt und hingenommen, haben uns nicht sicher gemacht", sagte er uns am Donnerstag. "Denn auf lange Sicht, kann Stabilität nicht um den Preis der Freiheit erkauft werden." Gut gesagt, mein Herr. George Bush Jr. hört sich fast so überzeugend an wie, nun, Tony Blair. Es ist alles eine Lüge. "Wir" - der Westen, Europa, Amerika - haben nie den Mangel an Freiheit "entschuldigt und hingenommen." Wir haben den Mangel an Freiheit befürwortet. Wir haben ihn im Mittleren Osten geschaffen und ihn unterstützt.

Als Oberst Ghaddafi Libyen übernahm, hielt ihn das Außenministerium für eine wesentlich lebhaftere Figur als König Idriss. Wir unterstützten die ägyptischen Generäle (alias Gamal Abdul Nasser) als sie König Farouk absetzten. Wir - die Briten - schufen das haschemitische Königreich in Jordanien. Wir - die Briten - setzten einen haschemitischen König auf den Thron des Iraks. Und als die Baath-Partei die Macht von der Monarchie in Baghdad übernahm übergab die CIA zuvorkommenderweise die Namen aller höheren Mitglieder der kommunistischen Partei an Saddams Kumpel, so daß sie liquidiert werden konnten.

Die Briten schufen all diese wertvollen Scheichtümer im Golf. Kuwait war unser Werk. Saudi-Arabien war schließlich ein britisch-amerikanisches Gemeinschaftsprojekt, die Vereinigten Arabischen Emirate uns so weiter. Aber als der Iran sich in den 50er Jahren entschied, daß er Mohammed Mossadeqs demokratische Herrschaft der des Schahs vorzog, stürzte Kim Roosevelt von der CIA zusammen mit Oberst "Monty" Woodhouse vom MI6 die Demokratie im Iran. Jetzt fordert Präsident Bush die gleiche "Demokratie" im heutigen Iran und sagt, wir hätten das abscheuliche, von den USA gestützte Regime des Schahs nur "entschuldigt und hingenommen."

Und noch eine weitere sprachliche Analyse der Worte des Herrn Bush. "Das Versagen der irakischen Demokratie", sagte er uns vor zwei Tagen, "würde Terroristen überall auf der Welt ermutigen, die Gefahren für das amerikanische Volk erhöhen und die Hoffnungen von Millionen in der Region auslöschen." Hier ist eine andere Variante: das Versagen der Bush-Regierung, Israels Siedlungsbau auf arabischem Land zu kontrollieren würde Terroristen überall auf der Welt ermutigen, die Gefahren für das amerikanische Volk erhöhen und die Hoffnungen von Millionen in der Region auslöschen. Das wäre nun etwas richtiger. Aber nein. Präsident Bush glaubt, daß der israelische Premierminister Ariel Sharon ein "Mann des Friedens" ist.

Und dann ist da die faszinierende Bush-Forderung nach einer Revolution im undemokratischen Iran. Sicher, Iran ist eine Theokratie (eine Nekrokratie, wie ich vermute), aber der moralisch beeindruckende Präsident Mohammed Khatami, dem sich die Gottgleichen des alten Regimes wiederholt in den Weg gestellt haben, wurde demokratisch gewählt - und das mit einer wesentlich überzeugenderen Mehrheit als der Präsident George Bush Jr. in den letzten Präsidentschaftswahlen der USA.

Ja, "Demokratie kann die Zukunft jeder Nation sein", sagt uns Bush. Also warum hat sein Land Saddams Bösartigkeit und seine Kriegsverbrechen über so viele Jahre unterstützt? Warum hat Washington wieder und wieder Oberst Ghaddafi, Hafez Assad in Syrien, den türkischen Generälen, Hassan von Marokko, dem Schah, dem durchtriebenen Ben Ali in Tunesien, den gruseligen Generälen in Algerien, dem tapferen kleinen König von Jordanien und sogar - weil die Jungs von UNOCAL eine Gaspipeline durch Afghanistan wollten - den Taliban ihren Segen gegeben?

Eine kleine Unterbrechung. Fouad Siniora ist der Finanzminister des Libanons. Er glaubt an die amerikanische Lebensart, hat einen Abschluß der amerikanischen Universität von Beirut, wo er früher auch Dozent war und ist ein eine ehemalige Führungskraft der Citibank. Er hat ein gültiges US-Visum in seinem Ausweis. Trotzdem hat er einen Anruf der amerikanischen Botschaft in Beirut erhalten, in dem ihm mitgeteilt wurde, daß man ihm nicht gestatten würde, die USA zu betreten.

Warum? Weil er im vergangenen Jahr bei einem Iftah am Ende der Fastenzeit Ramadan 660 US-Dollar an eine wohltätige Organisation gespendet hatte, die Ausbildungsprojekte und Waisenhäuser im Libanon führt. Die Organisation wird von Sayed Mohamed Fadlallah geleitet, der einmal von der westlichen Presse als der "geistige Berater" der Hizbollah bezeichnet worden war. Quellen innerhalb der CIA haben schon vor langer Zeit enthüllt, daß sie versucht haben, Fadlullah zu töten - sie haben versagt, aber ihre von saudischer Seite vorbereitete Autobombe tötete 75 Zivilisten - also ist Siniora, von Kopf bis Fuß ein Amerikaliebhaber, eine Persona non grata in den USA.

Fadlallah ist nicht der "geistige Berater" von Hizbollah - also konnte er schlecht seine Unterstützung für ihren Sieg über die israelische Armee im Libanon vor drei Jahren zurückziehen - aber die verrückte "Sicherheits-"Gesetzgebung in den USA hat Siniora jeden weiteren Kontakts mit einem Land, das er bewundert, beraubt.

Ja, bringt die Demokratie. Laßt sie nur kommen. Der neue "Rummywelt" -Krieg gegen den Terror ist im Irak. Verbietet der Presse, die Rückkehr von toten amerikanischen Soldaten in die USA zu filmen. Freiheit ist es, worum es geht, Demokratie. "Hinnehmen des Mangels an Freiheit im Mittleren Osten", tatsächlich. Wir schufen diesen Ort, zogen seine Grenzen, päppelten seine grotesken Diktatoren auf. Und wir erwarten, daß die Araber Herrn Bushs Versprechen glauben?




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