Der britische Independent berichtete am Sonntag über zunehmende Anzeichen, die auf Autonomiebestrebungen im hauptsächlich shiitischen Südirak hindeuten. Insbesondere die häufige und offenbar gezielte Sabotage der Stromleitungen, die Strom in die Hauptstadt Baghdad transportieren sollen, werden als erstes Anzeichen betrachtet, daß sich der Südirak vom Rest des Landes abspalten könnte. Aber auch die Weigerung des höchsten shiitischen Geistlichen im Irak, Ayatollah Ali al-Sistani, den amerikanischen Plänen. die für die Machtübergabe indirekte Wahlen der irakischen Regierung vorgesehen hatten, zuzustimmen, zeigen, daß die irakischen Shiiten, die die Mehrheit der Bevölkerung des Landes stellen, an Selbstbewußtsein gewinnen. Eine weitere Forderung hinsichtlich der Regierungsbildung al-Sistanis war, daß der islamische Glaube als Grundlage der irakischen Verfassung festgeschrieben würde. Anfangs war berichtet worden, daß Strommasten zerstört worden waren, um die aus Kupfer bestehenden Stromleitungen stehlen und verkaufen zu können. Dies hat sich aber auch fortgesetzt, nachdem die Leitungen durch wesentlich weniger wertvolle aus Aluminium ersetzt worden sind. Thaer Ibrahim, Generaldirektor der Ölraffinerie von Basra, sagte: "Es sind systematische Bemühungen, nicht zufällig. In vielen Fällen sind die Leitungen nicht gestohlen worden." Auch der irakische Polizist Abdul Ibrahim Mowfaq ist dieser Ansicht. "Es gibt keinen Zweifel, daß ein Teil der Sabotage dazu dient, den Energietransfer nach Baghdad zu unterbrechen. Die Leute hier haben lebendige Erinnerungen daran, wie Saddam unser Öl von Orten wie Rumaila genommen hat und dann Basra vernachlässigt hat." Farid Haider Mohammed, ein shiitischer Aktivist, der nach den von den USA anfänglich ermunterten aber dann nicht weiter unterstützten Aufständen nach dem ersten Golfkrieg verhaftet und gefoltert worden war, sagte: "Es ist kein großes Geheimnis, daß die Stromleitungen sabotiert wurden, damit der Strom hier bleibt. Schauen Sie sich den Reichtum an, der von uns nach Baghdad geflossen ist und so wenig ist zurückgekommen. Das wird nicht noch einmal passieren." Es ist äußerst unwahrscheinlich, daß die USA eine friedliche Abspaltung des irakischen Südens hinnehmen würden. Nicht nur, daß sie damit den Einfluß auf die im Süden des Landes gelegenen Ölfelder verlieren würden und die Kurden im Norden des Iraks ebenfalls zu Autonomiebestrebungen ermuntert würden, außerdem wäre die Regierungsform in Südirak dann höchstwahrscheinlich eine dem Iran vergleichbare islamische Theokratie, die von den USA kaum geduldet werden würde. Impressum und Datenschutz contact: EMail |