Am Sonntag berichtete die britische Times, ein "iranischer Atomwissenschaftler" sei vermutlich durch den israelischen Geheimdienst "Mossad ermordet worden". Der 44 Jahre alte Ardeshir Hossein-pour habe in einer Fabrik in der iranischen Stadt Isfahan gearbeitet, wo das gasförmige Uranhexaflourid hergestellt wird. Dieses Gas wird dann in einer weiteren Anlage in Natanz in Zentrifugen angereichert - der Gehalt an Uran-235 also erhöht. Wie weit ist dabei die entscheidende Frage der späteren Nutzung. Während Atomreaktoren nur eine Anreicherung auf wenige Prozent Uran-235 benötigen, liegt die notwendige Reinheit für Atomwaffen bei über 90 Prozent. Hassan-pour habe im Jahr 2004 den führenden iranischen Preis für militärische Forschung und im vergangenen Jahr den ersten Preis des Kharazmi-Wissenschaftsfestivals erhalten. Tatsächlich richtet sich das Kharazmi-Festival allerdings ausdrücklich an Schüler und Studenten - grob vergleichbar mit dem deutschen "Jugend forscht". Es scheint wenig wahrscheinlich, daß ein 43 Jahre alter, promovierter Physiker einen solchen Preis erhält. Tatsächlich beruht der Bericht der Sunday Times wie auch Meldungen beispielsweise der Jerusalem Post und Fox News allein auf zwei bei genauerer Betrachtung zumindest fragwürdige Quellen. Die ursprüngliche Meldung von Hossein-pours Tod - durch "radioaktive Strahlen" - stammt demnach von Radio Farda. Hierbei handelt es sich um einen durch die USA finanzierten, zu Radio Free Europe gehörenden und in Prag beheimateten Radiosender. Die zweite Quelle - der zufolge es „sehr starke Hinweise“ darauf gibt, Hossein-pour sei durch den Mossad ermordet worden - ist das US-Unternehmen Stratfor, das als "privater Geheimdienst" bezeichnet werden könnte und seine Informationen und Analysen zahlenden Kunden zur Verfügung stellt. Zwar genießen die Stratfor-Berichte allgemein relativ hohes Ansehen, andererseits steht das Unternehmen US-Geheimdiensten und hier insbesondere der CIA sehr nahe, was die Veröffentlichung einer solchen Meldung - außer zu Propagandazwecken - zumindest zweifelhaft erscheinen läßt. Es werde Stratfor zufolge außerdem "angenommen", daß Hossein-pour einer der wertvollsten Atomwissenschaftler des Irans gewesen sei. Veröffentlichungen legen allerdings ein anderes Tätigkeitsfeld, die Elektrokeramik und Elektromagnetismus, nahe. Am Sonntag veröffentlichte die iranische Nachrichtenagentur FARS News eine Meldung, die die genannten Behauptungen unter Berufung auf eine "informierte Quelle" vehement bestritt. Hossein-pour habe keinerlei Verbindung zur Uranverarbeitungsanlage in Isfahan gehabt. Außerdem sei er im Schlaf an den Abgasen eines fehlerhaften Gasofens erstickt. Darüber hinaus sei der Mossad gar nicht in der Lage, Operationen im Iran durchzuführen. Insbesondere jene letzte Behauptung ist sicherlich ihrerseits geeignet, Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Meldung zu wecken. Betrachtet man allerdings, welche Medien bisher über Hossein-pours vorgebliche Ermordung durch den Mossad berichtet haben - insbesondere in Israel erhielt der Fall nicht geringe Aufmerksamkeit - so scheint dies doch eher Propaganda zu sein, da gerade diese Medien kaum geneigt wären, als erste eine solche Geheimoperation des israelischen Geheimdienstes gegenüber der breiten Öffentlichkeit zu enthüllen. Der mögliche Gewinn durch eine solche Falschmeldung für Israel ist dabei offensichtlich. Nicht nur, daß damit indirekt erneut die "Gefährlichkeit" des iranischen Atomprogramms betont würde - Israel sähe sich ja gezwungen, bei einer äußerst risikoreichen Operationen einen Wissenschaftler zu ermorden - es würde so außerdem erneut die "Schlagkräftigkeit" des Mossad betont. Auch wenn der Iran zweifellos ebenfalls gute Gründe hätte, eine solche Operation gegen einen "führenden Wissenschaftler" zu vertuschen, so scheint letztlich doch mehr für die iranische Darstellung des Falles zu sprechen. Impressum und Datenschutz contact: E-Mail |