Seit Donnerstag enthalten die Biographien der Abgeordneten des Deutschen Bundestages infolge der gescheiterten Klage von neun Abgeordneten Angaben über ihre Nebeneinkünfte. Anfang des vergangenen Jahres hatten die Abgeordneten Siegfried Kauder, Marco Wanderwitz, Friedrich Merz (CDU), Wolfgang Götzer, Max Straubinger (CSU), Hans-Joachim Otto, Sibylle Laurischk, Heinrich Leonhard Kolb (FDP) und Peter Danckert (SPD) gegen die im Oktober 2005 vereinbarte Verhaltensregel des Bundestages, Nebeneinkünfte offenzulegen, geklagt. Diese Klage wurde nun vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen - allerdings nur aufgrund der Tatsache, daß dies bei Stimmengleichheit der entscheidenden Richter geschieht, da jeweils vier Richter die Klage abweisen beziehungsweise ihr stattgeben wollten und sich nicht einigen konnten. Was von Befürwortern der Veröffentlichungspflicht als "Transparenz" gefeiert und von Gegnern als "Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht" kritisiert wird, erscheint bei näherer Betrachtung allerdings kaum transparenter als ein zugemauertes Fenster. Veröffentlicht werden Angaben über erzielte Einkünfte nur bei "Nebentätigkeiten" - angesichts der Zahl und der Vergütung scheint zumindest bei einigen Abgeordneten eher das Bundestagsmandat die Nebentätigkeit darzustellen - "die im Monat mit Einkünften von mehr als 1.000 Euro oder im Jahr mit Einkünften von mehr als 10.000 Euro verbunden" sind. Einkünfte unterhalb 1.000 Euro im Monat - immerhin fast das dreifache des Sozialhilfesatzes - erscheinen den Parlamentariern also offenbar als derart vernachlässigbar, daß sie nicht der Erwähnung bedürfen. Werden diese Grenzen überschritten, werden aber keineswegs Zahlen genannt, sondern nur eine Einteilung in drei Stufen vorgenommen. Stufe 1 umfaßt Einkünfte zwischen 1.000 und 3.500 Euro, Stufe 2 Einkünfte von 3.500 bis 7.000 Euro und Stufe 3 zeigt Einkünfte, die über 7.000 Euro liegen, an. Das bedeutet aber nichts weniger, als daß es vollkommen gleichgültig ist, ob ein Abgeordneter 8.000 oder 8 Millionen Euro von einem Industrieunternehmen erhält - während es sicherlich naheliegend ist, einem solchen Abgeordneten einen "Interessenkonflikt" bei entsprechenden Abstimmungen zu unterstellen. Erschwerend kommt hinzu, daß die Abgeordneten zwar verpflichtet sind, Nebentätigkeiten zu melden, die Strafe, sollten sie dieser Pflicht nicht nachkommen, allerdings höchstens eine Geldstrafe in Höhe der Hälfte der jährlichen Abgeordnetenentschädigung verhängt werden kann. Die Abgeordnetenentschädigung für Mitglieder des Deutschen Bundestages beträgt derzeit 7.009 Euro monatlich., die Geldstrafe beträgt also höchstens 42.054 Euro - was objektiv betrachtet durchaus "das kleinere Übel" darstellen könnte, zumal die "Nebentätigkeit" zunächst einmal bekannt werden müßte. Sicherlich mag es schon ganz aufschlußreich sein zu sehen, daß beispielsweise Walter Riester im vergangenen Jahr der Stufeneinteilung folgend mindestens 79.000 Euro durch das Halten diverser Vorträge - überwiegend für Versicherungsunternehmen und Finanzdienstleister - "dazuverdient" hat oder das Otto Schily Mitglied des Aufsichtsrats - übrigens ein Beispiel für die Nichtnennung der Einkünfte - des Unternehmens byometric, das Produkte zur Identifikation per Iriserkennung herstellt, und der SAFE ID Solutions AG, einem Hersteller von Ausweissystemen, ist. Das tatsächliche Ausmaß der Interessenkonflikte - gemäß Artikel 38 des deutschen Grundgesetzes sind sie nur ihrem Gewissen unterworfen und nicht an Aufträge und Weisungen gebunden, was bei derart engen Beziehungen zu Unternehmen kaum immer gewährleistet sein dürfte - läßt sich durch diese Art der Veröffentlichung aber kaum erkennen. Zurück zur Startseite Impressum und Datenschutz contact: E-Mail |