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Die unbekannten Verluste

Stark erhöhte Selbstmordrate unter US-Veteranen

18.11.2007  






Bereits am Dienstag berichtete CBS News in einem Artikel, daß die Selbstmordrate unter US-Veteranen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung der USA drastisch erhöht ist.

Der Sender war dabei gezwungen, für den Artikel selbst die Zahl der durch Selbsttötung gestorbenen Veteranen zu ermitteln, da bisher keinerlei landesweite Studien hierzu durchgeführt worden - zumindest nicht offiziell.

"Wenn man die Gesamtzahl der Veteranen betrachtet, die Selbstmord begangen haben, so waren wir nicht in der Lage, die Zahl zu ermitteln", sagte die demokratische US-Senatorin Patty Murray aus dem US-Bundesstaat Washington. Sie ist Mitglied des US-Senatskomitees für Veteranenangelegenheiten. Auch eine CBS-Anfrage an das US-Verteidigungsministerium im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes nach der Zahl aller Soldaten, die in den vergangenen 12 Jahren den Freitod gewählt haben, blieb erfolglos. Vier Monate später erhielt der Sender ein Dokument, demzufolge sich in den Jahren 1995 bis 2007 fast 2.200 US-Soldaten selbst getötet haben - allein im vergangenen Jahr 188. Diese Zahlen beziehen sich allerdings nur auf Soldaten im aktiven Dienst.

Auch das US-Ministerium für Veteranenangelegenheiten ist nach eigenen Angaben nicht im Besitz entsprechender Zahlen, obwohl "Selbstmord ein ernstes Problem ist", wie Dr. Ira Katz, Leiter der Abteilung des Ministeriums für geistige Gesundheit, sagte. Die Untersuchung hinsichtlich der Gesamtzahl der durch Selbsttötung aus dem Leben geschiedenen Veteranen sei allerdings noch in Arbeit, so Katz weiter.

CBS schrieb daraufhin selbst alle 50 US-Bundesstaaten an und bat um detaillierte Informationen zu Selbsttötungen von Veteranen und Zivilisten seit 1995. 45 US-Bundesstaaten übersandten daraufhin die erbetenen Informationen.

Die Auswertung dieser Daten für die Jahre 2004 und 2005 durch Dr. Steve Rathbun, dem Leiter der Abteilung für Epidemiologie und Biostatistik der Universität von Georgia, deckte die massiv gesteigerte Selbstmordrate unter US-Veteranen auf. Allein im Jahr 2005 töteten sich demnach 6.256 US-Veteranen selbst - durchschnittlich 120 pro Woche. Die Selbstmordrate unter Veteranen lag zwischen 18,7 und 20,8 pro 100.000 und damit mehr als doppelt so hoch wie bei Zivilisten, bei denen sie bei 8,9 pro 100.000 Menschen lag.

Die genannten Zahlen enthalten auch die Selbsttötungen älterer Veteranen - beispielsweise von solchen, die im Vietnam-Krieg gedient haben und aufgrund schlechter Versorgung zweifellos verhältnismäßig häufig diesen Schritt ergreifen. Andererseits ergab die Auswertung der Daten aber auch, daß die Selbstmordrate bei Veteranen im Alter von 20 bis 24 Jahren nochmals deutlich höher ist. Dies sind genau jene Veteranen, die aus den US-geführten Angriffskriegen gegen Afghanistan und den Irak stammen.

Diese Zahlen zeigen einerseits zweifellos erneut, daß die ärztliche Versorgung - wozu auch psychologische Betreuung gehört - der US-Veteranen äußerst mangelhaft ist. Andererseits lassen sie aber auch einmal mehr erahnen, wie groß die mentale Belastung für die Soldaten im Irak und in Afghanistan in Wahrheit ist. Dies dürfte wiederum aus schweren Kämpfen, der ständigen Gefahr, einem Angriff des irakischen Widerstands zum Opfer zu fallen, getöteten und verstümmelten Kameraden, aber auch aus selbst begangenen oder zumindest mitangesehenen Kriegsverbrechen resultieren.

Daß die US-Behörden bisher lieber darauf verzichtet haben, zumindest offiziell genaue Kenntnis vom Ausmaß der Selbsttötungen bei Veteranen zu haben, kann kaum verwundern. Nicht nur, daß mit diesem Wissen auch praktisch der Zwang einhergeht, dies zu ändern - was nicht unerhebliche zusätzliche Kosten verursachen würde -, es wirft auch zwangsläufig erneut die Frage nach der Realität in den Kriegsgebieten auf.





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