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Politik gegen Recht

Hintergründe zur erfolgreichen Flucht eines israelischen Generals vor der Verhaftung

22.02.2008  






Wie hier bereits im September 2005 berichtet, war es damals einem israelischen General aufgrund einer rechtzeitigen Warnung gelungen, einer Verhaftung durch die britischen Behörden bei der Einreise in London zu entgehen. Am Dienstag nun – fast zweieinhalb Jahre später – veröffentlichte die britische BBC einen Bericht, der die Umstände der gelungenen Flucht von Generalmajor Doron Almog näher beleuchtet – und Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bestrebungen, ihn tatsächlich zu verhaften, weiter nährt.

Anwälte mehrerer Palästinenser hatten die Londoner Polizei damals schon seit längerem gedrängt, gegen Almog zu ermitteln. Sie warfen ihm vor, im Jahr 2002 als Vergeltung für einen tödlichen Angriff auf israelische Soldaten die Zerstörung von 59 palästinensischen Häusern in der Stadt Rafah befohlen zu haben – ein eindeutiges Kriegsverbrechen entsprechend den Genfer Konventionen, die Vergeltungsaktionen gegen Zivilisten eindeutig untersagen. Israel bezeichnet die Zerstörung palästinensischer Häuser üblicherweise als notwendig zum Schutz israelischer Soldaten und israelischer Bürger.

Ursprünglich hatte die Londoner Polizei die Aufnahme entsprechender Ermittlungen mit dem Hinweis auf starken Druck auf Anti-Terror-Ermittler nach den Bombenanschlägen in London im Juli 2005 angelehnt, schließlich gelang es den Anwälten aber, Richter Timothy Workman dazu zu bewegen, einen Haftbefehl gegen Almog für eine private Strafverfolgung – eine Möglichkeit des britischen Rechts – auszustellen.

Polizeibeamte entschieden dann, Almog, der am 10. September 2005 an Bord einer El-Al-Maschine in London eintreffen sollte, wo er Spenden für die israelische Hilfsorganisation Aleh sammeln wollte, auf dem Londoner Flughafen Heathrow zu verhaften. Informationen über diese Pläne gelangten allerdings zur israelischen Botschaft, die Almog rechtzeitig, bevor er die Maschine verließ, warnte, so daß er nicht von Bord ging. Von der BBC nun eingesehene Dokumente zeigen, warum dies ausreichte, um die Verhaftung Almogs zu verhindern.

Demnach gelang es dem für die Operation Verantwortlichen, Kriminalkommissar John MacBrayne, einem leitenden Offizier der Anti-Terror-Abteilung, nicht, eine Bestätigung dafür zu bekommen, daß seine Einheit das Recht hatte, an Bord der El-Al-Maschine zu gehen, nachdem die Fluggesellschaft selbst dies verweigert hatte.

"Eine andere Überlegung war, daß an Bord von El-Al-Flügen Flugsicherheitsbegleiter waren, was Fragen hinsichtlich der öffentlichen Sicherheit aufwarf", so MacBrayne in seinem Bericht. "Es gab auch keine Informationen, ob Herr Almog mit Personenschützern – bewaffnet oder unbewaffnet - reiste, wie es seinem Status entsprach." MacBrayne sei daher zu dem Schluß gekommen, daß ein Zugriff eine Gefahr für die beteiligten Polizisten als auch für die Öffentlichkeit darstellen würde. Außerdem hatte er demnach Bedenken im Hinblick auf "die internationalen Auswirkungen einer möglicherweise bewaffneten Polizeiaktion auf einem Flughafen."

Tatsächlich wäre all dies zweifellos nicht nötig gewesen, wäre der El-Al-Maschine die zwei Stunden später erfolgte Starterlaubnis verweigert worden. Ein solches Vorgehen hätte zwar mit größter Wahrscheinlichkeit wütende Reaktionen aus Israel – direkte als auch indirekte – nach sich gezogen, letztlich wäre Almog aber kaum eine andere Wahl geblieben, als das Flugzeug zu verlassen. Zumindest, solange man nicht annehmen wollte, daß der Pilot eines israelischen Verkehrsflugzeugs in einem solchen Fall entgegen den Anweisungen der Flugsicherung eigenmächtig versuchen würde, zu starten oder Almogs "Begleiter" einen bewaffneten Ausfall riskiert hätten. Zu diesem Schluß kam denn auch John O'Connor gegenüber der BBC, als er sagte, er habe den Eindruck, daß die Verhaftung "abgeschrieben" worden sei.

Damit aber nicht genug, entschuldigte sich der damalige britische Außenminister Jack Straw aufgrund der von israelischer Seite geäußerten Empörung ob dieses Falles sogar bei seinem israelischen Amtskollegen Silvan Shalom, nachdem dieser von einer "Schandtat" gesprochen hatte. Später dann wurde auch der Haftbefehl zurückgezogen.

Der von den Palästinensern beauftragte Anwalt Daniel Machover forderte später eine Untersuchung, was von Peter Clarke, dem britischen Anti-Terror-Koordinator, aber zurückgewiesen wurde. Eine Untersuchung der "Unabhängigen Beschwerdekommission der Polizei" war später nicht in der Lage, das "Leck" zur israelischen Botschaft zu identifizieren. Wie der britische Guardian Anfang 2006 berichtete, führte der Vorfall sogar dazu, daß die Rechte von britischen Bürgern zur Durchführung privater Strafverfolgung eingeschränkt werden sollten, weil das zugrundeliegende Gesetz "zu unvorhersehbar" sei und möglicherweise die "internationalen Beziehungen gefährden" könne.

Einmal mehr zeigt sich hier, wie tiefgreifend der offiziell geäußerte Vorwurf "Kriegsverbrechen" letztlich kein rechtlicher, sondern vielmehr ein politischer ist. Ginge es hierbei tatsächlich um universelle Rechtsgrundsätze, so hätten die britischen Behörden zweifellos alles daran gesetzt, Almog zu verhaften – oder wären anschließend wegen entsprechenden Unvermögens zur Rechenschaft gezogen worden. Die Tatsache, daß sich der damalige britische Außenminister stattdessen sogar bei der israelischen Regierung förmlich entschuldigte, belegt die Präferenzen – nicht nur – der britischen Politik. Die Tatsache, daß der Haftbefehl gegen Almog wenig später aufgehoben wurde, ermöglicht auch einen Einblick in das Ausmaß der "Unabhängigkeit" der britischen Justiz.





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