Die Aussagen eines ehemaligen Mitglieds einer britischen Spezialeinheit lassen keinen Zweifel daran, daß Großbritannien weitaus tiefer an der Folterung von afghanischen und irakischen Gefangenen beteiligt ist, als dies bisher zugegeben worden ist. Bereits im Jahr 2006 erlangte Benjamin "Ben" Griffin Bekanntheit, weil er sich als erstes Mitglied einer britischen Spezialeinheit aus Gewissensgründen weigerte, seinen Dienst fortzusetzen. Damals war er seit insgesamt acht Jahren britischer Soldat, seit zwei Jahren Mitglied der Spezialeinheit "Special Air Services" (SAS) und seit drei Monaten im Irak eingesetzt. Damals sagte er, er habe zahlreiche "illegale Handlungen" von US-Soldaten, an deren Seite seine Einheit kämpfte, beobachtet. Außerdem betrachteten die US-Soldaten Iraker seinen Worten zufolge als "Untermenschen". Am 25. Februar dieses Jahres nun enthüllte Griffin auf einer Pressekonferenz der britischen Anti-Kriegs-Organisation "Stop the War Coalition" weitere Einzelheiten über die Verwicklung britischer Soldaten in die routinemäßige Folterung von Gefangenen durch US-Soldaten. "Unsere Regierung will uns glauben machen, daß unsere Verwicklung in den als 'außerordentliche Überstellungen' bekannten Prozeß auf zwei Vorfälle beschränkt ist, bei denen Flugzeuge, die Gefangene transportierten, auf britischem Territorium im Indischen Ozean, Diego Garcia, gelandet sind, um dort aufzutanken", so Griffin. "Die Benutzung britischen Territoriums und Luftraums verblasst zur Bedeutungslosigkeit angesichts der Tatsache, daß es britische Soldaten waren, die die Opfer der 'außerordentlichen Überstellungen' überhaupt erst gefangengenommen hatten. Seit der Invasion in Afghanistan im Herbst 2001 haben britische Spezialeinheiten mit einem gemeinsamen britischen/US-amerikanischen Sonderkommando operiert. Dieses Sonderkommando war verantwortlich für die Gefangennahme von hunderten, wenn nicht tausenden von Personen in Afghanistan und dem Irak. Von britischen Soldaten im Rahmen dieses Sonderkommandos gefangengenommene Personen endeten im Gefangenenlager Guantánamo Bay, der Internierungseinrichtung Bagram, der Special-Forces-Basis in Balad, Camp Nama in Baghdad und dem Gefängnis Abu Ghurayb." "Nach der Invasion des Iraks im Jahr 2003 tauchte dieses gemeinsame britisch/US-amerikanische Sonderkommando auf. Seine vordringliche Mission war die Tötung oder Gefangennahme hochrangiger Ziele. Zu den von diesem Sonderkommando gefangengenommenen Personen gehörten häufig nicht an Kämpfen Beteiligte, die bei der Suche nach hochrangigen Zielen gefangengenommen wurden. Die Benutzung geheimer Gefangenenlager innerhalb des Iraks hat die Notwendigkeit zur Benutzung von Guantánamo Bay negiert und es gleichzeitig ermöglicht, daß ähnliche Praktiken unbemerkt bleiben", so Griffin weiter. "Für die britischen Soldaten innerhalb dieses Sonderkommandos wurde eine Richtlinie durchgehend durchgesetzt, daß wir Personen gefangennahmen, aber nicht verhafteten. Da meine Kameraden allgemein davon ausgingen, daß jeder, den wir gefangennahmen, anschließend gefoltert werden würde, wurde diese Richtlinie der Gefangennahme statt Verhaftung als plumpes rechtliches Mittel angesehen, um britische Soldaten von dem ganzen Prozeß zu distanzieren." "Während der zahlreichen Einsätze, um hochrangige Ziele gefangenzunehmen, wurden zahlreiche nicht an Kämpfen Beteiligte in direktem Widerspruch zu den Genfer Konventionen im Hinblick auf die Behandlung von Zivilisten in besetzten Gebieten gefangengenommen und verhört. Ich habe keinerlei Zweifel, daß von mir persönlich gefangengenommene, nicht an Kämpfen Beteiligte an die Amerikaner übergeben und anschließen gefoltert worden sind", sagte er. "Das gemeinsame britische/US-amerikanische Sonderkommando hat internationales Recht verletzt, gegen die Genfer Konventionen verstoßen und die Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter mißachtet. Britische Soldaten sind tief in die Handlungen dieses Sonderkommandos verstrickt. Jack Straw, Margaret Beckett, David Milliband, Geoff Hoon, Des Browne, Tony Blair, Gordon Brown. In ihren jeweiligen Positionen in den vergangenen fünf Jahren müssen sie gewußt haben, daß britische Soldaten innerhalb dieses britisch/US-amerikanischen Sonderkommandos eingesetzt wurden. Sie müssen über die Handlungen dieser Einheit informiert worden sein." Den zweifellos überzeugendsten Beweis für den Wahrheitsgehalt von Griffins Worten lieferte nur wenige Tage später die britische Regierung selbst. Wie der britische Guardian am Freitag berichtete, erwirkte sie eine einstweilige Verfügung gegen Griffin, die es ihm untersagte, weitere Enthüllungen zur Gefangennahme von Personen durch die Spezialeinheit zu machen. Tatsächlich betrifft Griffins Aussage allerdings keineswegs nur Großbritannien, wurde – und aller Wahrscheinlichkeit nach wird – doch in Afghanistan auch das deutsche "Kommando Spezialkräfte" (KSK) eingesetzt. Die wenigen zu diesem Einsatz verfügbaren Informationen – gleichwohl es sich hier um eine Einheit der Bundeswehr handelt, wird derlei den deutschen Bundesbürgern vorenthalten – lassen darauf schließen, daß ihr Aufgabengebiet eine frappierende Ähnlichkeit mit dem von Griffin beschriebenen der SAS hat. Zurück zur Startseite Impressum und Datenschutz contact: E-Mail |