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Nachrichten, die man nicht überall findet.




Diskriminierung in Europa
26.09.2003









Die in der UN-Resolution 217 A verabschiedete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte läßt hinsichtlich der Religionsfreiheit keine Zweifel aufkommen:

"Artikel 18

Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen."

Und doch macht sich auch in Europa eine zunehmende staatliche Diskriminierung von Moslems breit.

Wie AFP am Mittwoch berichtete, wurden zwei französische Schwestern im Alter von 16 und 18 Jahren vom Unterricht am Henri Wallon-Gymnasium ausgeschlossen, weil sie sich weigerten, ihre Hijabs (Kopftücher) so zu tragen, daß ihr Haaransatz, ihre Ohrläppchen und ihre Nacken zu sehen wären. Dies würde der islamischen Regel, die Frauen das Tragen von Hijabs vorschreibt, zuwiderlaufen. Zuvor hatten sie sich schon bereit erklärt, Hijabs aus bunten, gemusterten Stoffen zu tragen.

Laurent Levy, der jüdische Vater von Lila und Alma - ihre moslemische Mutter stammt aus Algerien - zeigte sich wütend über die Entscheidung der Schulleitung. Der Anwalt kündigte an, gerichtliche Schritte zu ergreifen, sollte die Ausschließung vom Unterricht von Dauer sein.

Lucien Nedelec, der Direktor der im Pariser Vorort Aubervilliers gelegenen Schule, sagte, das Tragen der Hijabs wäre eine "Zurschaustellung", während er gleichzeitig anerkannte, daß es sich um religiöse Symbole handelte.

Levy sagte bei einer Pressekonferenz: "Drei Viertel der Kinder an der Schule stammen aus Einwandererfamilien. Vielleicht die Hälfte von ihnen sind Moslems. Ihnen zu sagen, daß sie, nur weil sie die Religion ihrer Vorfahren ausüben, etwas ekelhaftes tun, ist ein sicherer Weg, um eine Explosion auszulösen. Es ist, als würde man den Leuten, die sich so häufig von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen, sagen, daß sie es tatsächlich sind."

MRAP, eine bekannte französische Bürgerrechtsbewegung, die sich gegen Rassismus einsetzt, hat sich des Falls der beiden Schwestern angenommen. Der Präsident der Organisation, Mouloud Aounit, beschuldigt die französische Regierung, ein Exempel statuieren zu wollen.

Nach seiner Aussage war die örtliche Schulbehörde bereit, einen Kompromiß mit den Schülerinnen auszuhandeln, wurde allerdings von höheren Stellen unter Druck gesetzt, einen harten Kurs zu verfolgen.

Eine vom französischen Präsidenten eingesetzte Kommission entwickelt derzeit Empfehlungen für ein Gesetz, daß das Tragen von Hijabs an französischen Schulen grundsätzlich verbieten würde.

Und auch in Deutschland ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die der Klage der Lehrerin Fereshta Ludin, die einen Hijab im Unterricht tragen wollte, stattgegeben hat, kein wirklicher Sieg für die Religionsfreiheit.

Das Urteil erlaubte Frau Ludin zwar das Tragen eines Hijabs aufgrund der momentanen Gesetzeslage, wollte aber offensichtlich keine Grundsatzentscheidung treffen und wälzte die Verantwortung auf die einzelnen Bundesländer ab, denen es dem Urteil zufolge freisteht, das Tragen von Hijabs an Schulen zu verbieten.

Die ersten Bundesländer haben bereits angekündigt, ein entsprechendes Gesetz erlassen zu wollen.

Die schleswig-holsteinische Kultusministerin Ute Erdsieck-Rave sprach sich beispielsweise für ein Verbot aus, da ihrer Ansicht nach aufgrund der "Vorbildfunktion von Lehrern" die "religiöse Neutralität in der Schule schwerer wiegt als die Religionsfreiheit."

Nicht nur, daß sie damit der Erklärung der Menschenrechte eine klare Absage erteilt - eine "religiöse Neutralität der Schulen" wird darin nicht erwähnt - sie macht auch deutlich, daß es ihr kaum wirklich um die "Neutralität" gehen kann.

Eine wirklich neutrale Position ist faktisch nicht zu erreichen, indem Symbole, Verhaltensweisen, Kleidungsstücke und Worte verboten werden. Nicht nur, daß jegliche Kreuze verboten werden müßten, die Schulen müßten auch eine effektive Schallisolierung erhalten, um sie vor möglicherweise in der Nähe stehenden - und läutenden - Kirchen zu schützen.

Auch scheint die Begrenzung auf eine religiöse Neutralität inkonsequent. Ebenso sollten lange Haare, kurze Haare, keine Haare, gefärbte Haare, "Ökolatschen", Pumps, Turnschuhe, Halbschuhe, geschminkte wie ungeschminkte Gesichter und eigentlich gleich alle Lehrer und Lehrerinnen verboten werden.

Ein Verbot religiöser Symbolik - auch wenn tatsächlich alle Symbole eingeschlossen wären, was kaum zu erwarten ist - unterstützt in "christlichen" Gegenden das Christentum, zumindest aber den Atheismus.

Wirkliche Neutralität kann es nur durch einen offenen Umgang mit allen Möglichkeiten geben, was dem Bildungsauftrag der Schulen, die auch die soziale Gemeinschaft unterstützen sollen, sicherlich zugute kommen würde.

Es fällt auf, daß sich derartige Diskussion fast ausnahmslos gegen Moslems richten. Dies ist kaum ausschließlich damit zu begründen, daß sie auch die größte religiöse Minderheiten in "westlichen" Staaten stellen. In Großbritannien stehen beispielsweise 1,5 Millionen Moslems 1 Million Sikhs und Hindus gegenüber. Vielmehr scheint es ein Anzeichen einer wachsenden "Islamophobie" zu sein.
Eine Ausgrenzung der Bevölkerungsgruppe der Moslems kann aber nur zur Abgrenzung der Gruppe von der Restbevölkerung, einer Selbstzentriertheit und auch zu extremistischen Ansichten führen.




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